Ursachen für die mangelhafte Kooperationsbereitschaft der Prionforscher

Roland Heynkes, 2. Februar 2000

Eigentlich müßten die von den Diskussionen in wissenschaftlichen Beratergremien ausgeschlossenen Experten und sogar die fachlich überforderten Mitglieder des SSC gegen das ungeeignete Verfahren protestieren. Die Prionforscher sind aber nicht organisiert und verfügen daher über keine eigene Interessenvertretung. Viele medizinische Fachgesellschaften stellen bereits den gemeinsam erarbeiteten Stand ihrer Forschungen auf umfangreichen Internetseiten dar [1]. In der Prionforschung hingegen gibt es keine unabhängige, internationale Fachgesellschaft. Es fehlt auch eine für alle Experten offene Internetkonferenz für ein gemeinsames Sammeln, Sortieren und Prüfen aller bereits verfügbaren Forschungsergebnisse. Keine zentrale Internet-Repräsentanz faßt zusammen, was von allen Experten als gesichertes Wissen akzeptiert wird, was für oder gegen die noch diskutierten Hypothesen spricht und welche die wichtigsten offenen Fragen sind. Hätten wir eine solche Prionforschungsgemeinschaft und eine derartige Darstellung des erarbeiteten Wissens, dann könnte es gar keine politische Einflußnahme geben und gleichzeitig stünden politische Entscheidungen auf wesentlich sichereren Grundlagen.

Verhindert werden Zusammenarbeit und gemeinsames Auftreten der Wissenschaftler durch die ursprünglich als Mittel zur Qualitätssicherung politisch gewollte Konkurrenz um knappe Forschungsmittel. Geld bekommen nur die Arbeitsgruppen, die neue Daten vor allen anderen veröffentlichen. Tatsächlich lassen sich auf diese Weise mangelhaft funktionierende Gruppen aussortieren. Aber am leichtesten haben es in diesem System diejenigen, die ihre Erkenntnisse erst nach deren vollständiger Verwertung auch der Konkurrenz zugänglich machen, als Gutachter wichtiger Fachzeitschriften die Publikationen der Mitbewerber aufhalten und ausspionieren, oder gar durch gezielte Fehlinformationen andere Labors in die Irre führen. Es ist bekannt, daß dies geschieht, und das erzeugt zumindest Mißtrauen bei denen, die selbst nicht zu solchen Mitteln greifen.

1

Winawer,S.J.; Fletcher,R.H.; Miller,L.; Godlee,F.; Stolar,M.H.; Mulrow,C.D.; Woolf,S.H.; Glick,S.N.; Ganiats,T.G.; Bond,J.H.; Rosen,L.; Zapka,J.G.; Olsen,S.J.; Giardiello,F.M.; Sisk,J.E.; Van Antwerp,R.; Brown-Davis,C.; Marciniak,D.A.; Mayer,R.J. - Colorectal cancer screening: clinical guidelines and rationale - Gastroenterology 1997 Feb; 112(2): 594-642

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