Die Entwicklung der Maßnahmen gegen eine Ausbreitung von Scrapie und BSE über Nahrungsketten

Roland Heynkes, 10. Februar 2000

Lange vor der ersten EU-Regelung versuchten die Briten, die weitere Verbreitung von BSE- und Scrapie-Erregern über das Futter, durch eine Reihe von immer schärferen Regelungen zu verhindern.

Erst 1994 kam eine EU-weite Regelung. Der Wissenschaftliche Veterinärausschuß der EU war damals der Ansicht, daß aus Wiederkäuern hergestellte Futtermittel die einzige potenziell bedeutende Ansteckungsquelle für den BSE-Erreger seien. Es standen aber keine praktikablen Verfahren zur Verfügung, die zwischen aus Wiederkäuern und aus anderen Säugern hergestellten Futtermitteln unterscheiden konnten. Deshalb verbot die EU-Kommission für die gesamte Gemeinschaft in der Entscheidung 94/381/EG vom 27. Juni 1994 mit einer Übergangszeit von 30 Tagen das Verfüttern von aus Säugern gewonnenen Futtermitteln an Wiederkäuer. Mitgliedstaaten, die ein System für die sichere Unterscheidung zwischen aus Wiederkäuern gewonnenen und aus anderen Säugern gewonnenen Futtermitteln einführen können, werden jedoch von der Kommission gemäß dem Verfahren des Artikels 17 der Richtlinie 90/425/EWG ermächtigt, aus nicht wiederkäuenden Säugern gewonne Futtermittel für Wiederkäuer zuzulassen.

Die britische Regierung setzte diese leichte Ausweitung ihrer bestehenden Regelungen mit der Spongiform Encephalopathy (Miscellaneous Amendments) Order 1994 (SI 1994/2627) vom 2. November 1994 auf nationaler Ebene um.

Die erste Lockerung der Entscheidung 94/381/EG erfolgte weniger als ein Jahr danach. Anfang 1995 stellte der Wissenschaftliche Veterinärausschuß der EU fest, daß kein industrielles Verfahren eine totale Inaktivierung von TSE-Erregern garantieren könne. Dem Rat des Wissenschaftlichen Veterinärausschusses und des Ständigen Veterinärausschusses der EU folgend, änderte die EU-Kommission dennoch am 6. März 1995 ihre frühere Entscheidung 94/381/EG und nahm folgende tierische Produkte vom Verbot der Verfütterung an Wiederkäuer aus.

Die Briten hingegen wurden noch vorsichtiger und weiteten ihre Schutzmaßnahmen nach dem Schock der ersten auf BSE-Infektionen zurückzuführenden Creutzfeldt-Jakob-Toten zumindest anfangs weiter aus.

Am 29. Januar 1999 beschloß die Kommission der Europäischen Gemeinschaften mit der Entscheidung 1999/129/EG eine weitere Ausnahme vom Verbot der Verfütterung von aus Säugetieren gewonnenen Futtermitteln an Wiederkäuer gemäß 94/381/EG. Von da an mußte aus Säugetierfellen und Häuten gewonnenes Eiweiß vor seiner Verfütterung an Wiederkäuer nicht mehr gemäß 95/60/EG vollständig in einzelne Aminosäuren zerlegt werden. Es genügt seit dem, diese Proteine in Bruchstücke mit Molekularmassen unter 10.000 Dalton zu spalten. Allerdings müssen die Felle und Häute von Säugetieren gewonnen werden,

Außerdem müssen die Häute

Die Kommission kann außerdem nach Stellungnahme des zuständigen Wissenschaftlichen Ausschusses vergleichbare Herstellungsverfahren genehmigen.

Mit den BSE (Feeding Stuffs and Surveillance) Regulations 1999 (SI 1999/882) und der BSE (No.2) Amendment Order 1999 (SI 1999/921) übernahmen die Briten am 15. April 1999 die von der EU geforderten Überwachungsmaßnahmen in nationales Recht und stellten klar, daß mit aus Säugetieren hergestelltem Fleischknochenmehl auch Zwischen- und Endprodukte wie Greaves und Asche gemeint sein sollen.

In Deutschland weigert sich die neue wie die alte Bundesregierung seit Jahren, die Verfütterung von Fleischknochenmehl an nicht wiederkäuende Säugetiere (insbesondere Schweine), Geflügel und Fische zu verbieten. Da außerdem in Deutschland Fleischknochenmehl immer noch bei Temperaturen unter 100 °C produziert werden darf, bestehen hier immer noch die Erregerverteilungswege, die in anderen Ländern so katastrophale Folgen hatten. Mit noch symptomfreiem BSE oder Scrapie geschlachtete Rinder oder Schafe sind daher heute in Deutschland wesentlich gefährlicher als in anderen europäischen Ländern.
Öffentlich dargestellt wird von der Bundesregierung immer nur die Tiermehlproduktion aus Tierkörpern bei mindestens 20 Minuten bei mindestens 133 °C und einem Druck von 3 bar nach dem deutschen Tierkörperbeseitigungsgesetz. Diese Bedingungen gelten jedoch nicht für die Produktion von Fleischknochenmehl aus den hygienischen, aber nicht unbedingt BSE-freien Resten der Tiere, deren Fleisch für die menschliche Ernährung verwendet wird. Es ist schon peinlich und ärgerlich, daß das Bundeslandwirtschaftsministerium dem Vereinigten Königreich ein Versämnis vorwirft, welches es selbst bis heute trotz entsprechender Empfehlungen der EU-Kommission und des wissenschaftlichen Lenkungsausschusses nicht zu beenden bereit ist.

TSE-Hypertext-Projekt
meine Startseite (ohne frames)
Liste meiner Artikelzusammenfassungen
zu meinen eigenen Texten
Autoren-Index

Kommentare und Kritik von Fachleuten sind jederzeit willkommen.

Copyright Roland Heynkes