Lerntext: "Vererbung der Blutgruppen A, B und 0" (Aufgaben-pdf und Antworten-pdf)

Roland Heynkes, 4.12.2021

Diese Internetseite soll erklären, was man wissen muss, um unsere bekanntesten Blutgruppen A, B und 0 einigermaßen zu verstehen.

Gliederung

zum Text Erklärung unbekannterer Fachbegriffe
zum Text Von unseren Eltern erben wir Rezepte (Gene) für Eiweiße (Proteine).
zum Text Antikörper binden fremde Antigene.
zum Text Von Genen gibt es normalerweise verschiedene Allele.
zum Text Die drei wichtigsten Blutgruppen sind A, B und 0.
zum Text Vererbung der Blutgruppen

Erklärung unbekannterer Fachbegriffe nach oben

  1. Allele = Varianten eines Gens
  2. Antigen = etwas, auf das ein Lebewesen mit der Produktion von Antikörpern reagieren kann
  3. Antikörper = Proteine, die Antigene binden und dadurch zur Bekämpfung von Krankheiten beitragen
  4. Blutgruppe = genetisch vererbbare Variante einer Oberflächenstruktur, die unter anderem auf roten Blutkörperchen vorkommt und zu lebensgefährlichen Reaktionen des Immunsystems führt, wenn Blut oder ein transplantiertes Organ in einem Empfänger-Organismus als fremd erkannt werden
  5. Chromosom = um ein Gerüst aus Proteinen mit darum gewickelter DNA, die viele Gene enthält
  6. Chromosomenpaar = 2 im Prinzip gleiche Chromosomen, von denen eines vom Vater und das andere von der Mutter geerbt wurde
  7. Enzym = Protein oder RNA mit der Fähigkeit, chemische Reaktionen zu beschleunigen und zu steuern
  8. Gen = Rezept für ein Protein (oder eine RNA)
  9. genetische Vielfalt = Unterschiedlichkeit der Baupläne innerhalb einer Art (Spezies)
  10. Genom = Summe aller Gene
  11. Immunsystem = Summe aller Organe, Zellen und Moleküle, mit denen Lebewesen Infektionskrankheiten und Krebs bekämpfen
  12. Kapillare = Ader mit der Dicke eines Haares
  13. Molekül = mindestens 2 über Atombindungen verbundene Atome
  14. Protein = Eiweiß
  15. Zucker = kleines, süß schmeckendes Molekül aus der Gruppe der Kohlenhydrate

Von unseren Eltern erben wir Rezepte (Gene) für Eiweiße (Proteine). nach oben

Aufgaben zur Erarbeitung dieses Kapitels
1 Nenne zwei Eigenschaften, die alle Lebewesen gemeinsam haben!
2 Erkläre, was Gene mit Proteinen zu tun haben!
3 Erkläre, warum es in einem Menschen normalerweise nur zwei, in der Menschheit jedoch viele Allele eines Gens geben kann!
Hier geht es zu den Antworten.

Jedes Lebewesen besteht aus mindestens einer Zelle. Jede lebendige Zelle enthält einen Bauplan (Genom). Er enthält Tausende Rezepte (Gene) für den Aufbau von Eiweißen (Proteinen). Für fast alle Eiweiße (Proteine) haben wir zwei Rezepte (Gene). Das eine haben wir von der Mutter geerbt, das andere vom Vater. Meistens sind beide Rezepte (Gene) gleich. Dann haben wir von dem Eiweiß (Protein) nur eine Sorte im Körper. Aber in vielen Fällen unterscheiden die von den Eltern geerbten Rezepte (Gene) für ein Eiweiß (Protein) ein wenig. Dann besitzen wir zwei Versionen (Allele) von diesem Rezept (Gen) für ein bestimmtes Eiweiß (Protein). Wenn wir für ein Eiweiß (Protein) zwei Allele besitzen, dann produzieren Zellen in uns von diesem Eiweiß (Protein) zwei Sorten. Die beiden Allele können unterschiedlich gute Rezepte sein. Dann funktioniert die eine Eiweiß-Sorte gut und die andere schlechter oder gar nicht. Oft funktionieren die beiden Eiweiß-Sorten aber nur unterschiedlich.

Normalerweise gibt es in einer Zelle für den Aufbau eines Eiweißes (Proteins) höchstens 2 Allele. Aber in der gesamten Menschheit findet man von fast jedem Rezept (Gen) mehr als zwei Varianten (Allele). Das macht die genetische Vielfalt aus, welche die Menschheit vor dem Aussterben schützt.

Antikörper binden fremde Antigene. nach oben

Aufgabe zur Erarbeitung dieses Kapitels
4 Erkläre, warum wir normalerweise keine Antikörper gegen die Antigene auf unseren Zelloberflächen besitzen!
Hier geht es zu den Antworten.

Auf den Oberflächen menschlicher Zellen gibt es viele kleine Ketten aus jeweils vier Zucker-Teilchen (Molekülen). Sie können Antigene sein, denn gegen diese Zuckerketten könnte unser Immunsystem Antikörper bilden. Aber dann würde es unsere eigenen Zellen angreifen. Deshalb tötet unser Immunsystem alle weißen Blutkörperchen, die Antikörper gegen den eigenen Körper machen. Und darum haben Menschen normalerweise keine Antikörper gegen diese kurzen Zuckerketten auf den eigenen Zellen.

Von Genen gibt es normalerweise verschiedene Allele. nach oben

Aufgaben zur Erarbeitung dieses Kapitels
5 Beschreibe, was rote Blutkörperchen der Blutgruppen A und B unterscheidet!
6 Erkläre, warum rote Blutkörperchen der Blutgruppe AB nicht nur eine Sorte von Zuckerketten auf ihren Oberflächen tragen!
Hier geht es zu den Antworten.

Menschliche Zellen produzieren ein Werkzeug-Eiweiß (Enzym), welches an diese kurzen Zuckerketten noch ein weiteres Zucker-Teilchen (Molekül) anhängen soll. Deshalb heißt es Glykosyltransferase, aber den Namen müsst Ihr Euch nicht merken. In Menschen gibt es mehrere Varianten dieses Enzyms, weil es im menschlichen Bauplan (Genom) mehrere Allele seines Gens gibt. Jedes Allel führt zu einer etwas anderen Form des Enzyms. Und unterschiedliche Formen führen zu unterschiedlichen Funktionen. Die unterschiedlichen Versionen der Glykosyltransferase tun also nicht das selbe. Sie hängen entweder gar kein Zucker-Molekül an oder Galactose oder N-Acetylgalactosamin. Auch diese Namen müsst Ihr Euch nicht merken. Wichtig ist nur, dass die unterschiedlichen Formen dieses Enzyms zu drei unterschiedlichen Zuckerketten führen. Wenn also Menschen von ihren Eltern etwas unterschiedliche Rezepte für dieses Enzym geerbt haben, dann haben sie auf ihren Zellen unterschiedliche Zuckerketten.

Blutgruppen nach ÿoben
Blutgruppen
anonym, public domain

Die drei wichtigsten Blutgruppen sind A, B und 0. nach oben

Aufgaben zur Erarbeitung dieses Kapitels
7 Beschreibe den Zusammenhang zwischen vererbten Allelen und den unterschiedlichen Antigen-Strukturen auf den Oberflächen roter Blutkörperchen!
8 Erkläre, warum Menschen mit den Blutgruppen A, B und AB keine Antikörper gegen Blut mit der Blutgruppe 0 haben!
9 Erkläre, wie ein Vater mit der Blutgruppe A und eine Mutter mit der Blutgruppe B ein Kind mit der Blutgruppe 0 haben können!
Hier geht es zu den Antworten.

Menschen mit der Blutgruppe 0 haben von ihren Eltern zwei nicht funktionierende Rezepte für eine Blutgruppen-Glykosyltransferase (das Enzym für die Verlängerung der kurzen Zuckerketten geerbt. Es kann gar kein weiteres Zucker-Teilchen (Molekül) an die kurzen Zuckerketten hängen. Deshalb haben Menschen mit der Blutgruppen 0 auf den Oberflächen ihrer roten Blutkörperchen nur die kurzen Zuckerketten.

Menschen mit den Blutgruppen A oder B haben von ihren Eltern mindestens 1 funktionierendes Rezept für dieses Enzym geerbt. Aber das Enzym A hat eine etwas andere Form als das Enzym B. Darum hängt das Enzym A einen anderen Zucker an die kurzen Zuckerketten als Enzym B. Haben Menschen von ihren Eltern das Rezept (Gen) für das Werkzeug-Eiweiß (Enzym) A geerbt, dann haben sie unter anderem auf ihren roten Blutkörperchen die Zuckerketten des Typs A. Haben Menschen nur oder auch das Rezept für das Enzym B geerbt, dann produziert ihr Enzym B nur Zuckerketten des Typs B.

In Menschen mit den Blutgruppen A, B oder AB verlängern funktionierende Enzyme die kurzen Zuckerketten schon im Inneren (endoplasmatisches Retikulum oder Golgi-Apparat) der Zellen. Aber die Enzyme erwischen nicht alle Zuckerketten. Deshalb befinden sich auch bei Menschen mit den Blutgruppen A, B oder AB auf den Oberflächen der roten Blutkörperchen zusätzlich kurze Zuckerketten. Und deshalb besitzen Menschen ganz unabhängig von ihren Blutgruppen üblicherweise keine Antikörper gegen die kurzen Zuckerketten. Denn im Thymus werden normalerweise alle T-Lymphozyten (weiße Blutkörperchen) getötet, die körpereigene Strukturen bekämpfen könnten. Und ohne die Hilfe von T-Lymphozyten produzieren B-Lymphozyten keine Antikörper. Aus diesem Grund können Menschen mit der Blutgruppe 0 allen anderen Menschen relativ problemlos Blut spenden.

Blutgruppe 0 A B AB
Allele 0/0 A/A oder A/0 B/B oder B/0 A/B
Enzym-Varianten 0/0 A/A oder A/0 B/B oder B/0 A/B
Zuckerketten 0/0 A/A oder A/0 B/B oder B/0 A/B
Antikörper gegen: A und B B A nichts

Menschen mit der Blutgruppe 0 produzieren Antikörper gegen die Zuckerketten A und B, weil sie selbst diese Zuckerketten in ihren Zellen nicht herstellen können. Menschen mit der Blutgruppe A besitzen nur Antikörper gegen die Zuckerketten B, weil sie selbst keine Zuckerketten B produzieren. Menschen mit der Blutgruppe B besitzen nur Antikörper gegen die Zuckerketten A, weil sie selbst keine Zuckerketten A produzieren. Menschen mit der Blutgruppe AB machen gar keine Antikörper gegen die Zuckerketten 0, A und B, weil alle drei Sorten von Zuckerketten auf ihren eigenen Zellen zu finden sind.

Menschen mit der Blutgruppe 0 dürfen kein Blut der anderen Blutgruppen bekommen, weil sonst dessen rote Blutkörperchen von Antikörpern angegriffen und miteinander zu großen Klumpen verbunden werden. Diese Klumpen würden feine Adern (Kapillare) verstopfen und den Menschen töten.

In Menschen mit der Blutgruppe A verklumpt Blut der Blutgruppen B und AB. In Menschen mit der Blutgruppe B verklumpt Blut der Blutgruppen A und AB. In Menschen mit der Blutgruppe AB verklumpt überhaupt kein fremdes Blut.

Die Vererbung der Blutgruppen nach oben

In unseren normalen Körperzellen haben wir Chromosomenpaare. Denn von unseren 23 Chromosomen haben wir immer eine Version von der Mutter und eine vom Vater geerbt. Für unsere eigene Fortpflanzung produzieren wir spezielle Geschlechtszellen (Eizellen oder Spermien). In sie packen wir von jedem Chromosomenpaar immer nur 1 Chromosom. Deshalb veerben wir auch von jedem Eiweiß-Rezept (Gen) immer nur ein Allel.

Menschen mit der Blutgruppe 0 vererben nur das Allel 0.

Menschen mit der Blutgruppe A vererben ausschließlich das Allel A, wenn sie selbst von beiden Eltern nur dieses Allel geerbt hatten. Haben sie jedoch in ihren normalen Körperzellen die Allele A und 0, dann enthalten ihre Geschlechtszellen entweder das Allel A oder das Allel 0. Bei Menschen mit der Blutgruppe B ist es umgekehrt.

Die Geschlechtszellen von Menschen mit der Blutgruppe AB enthalten alle entweder das Allel A oder das Allel B.

Tabelle zur Vererbung der Blutgruppen
Blutgruppen der Eltern 0 (0/0) A (A/A oder A/0) B (B/B oder B/0) AB (A/B)
0 0 A 0 B 0 A B
0 0 0/0
0 0/0
A A A/A
0 0/0
B B B/B
0 0/0
AB A A/A
B B/B
  • Die erste Spalte und die erste Zeile zeigen denkbare Blutgruppen zweier Eltern.
  • Die zweite Spalte und die zweite Zeile zeigen, welche Allele die Geschlechtszellen der Eltern enthalten könnten.
  • Wo sich die Zeilen und Spalten treffen, sieht man die möglichen Kombinationen der 3 Allele A, B und 0 in denkbaren befruchteten Eizellen.
Hier geht es zur Lösung der Aufgabe.

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Roland Heynkes, CC BY-SA-4.0

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