Euro Surveillance : Bulletin Europeen sur les Maladies Transmissibles = European Communicable Disease Bulletin 2003 Jan; 8(1): 14-8

Roland Heynkes, 18.8.2003

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Capek,L.; Vaillant,V. - Creutzfeldt-Jakob disease and related diseases in France from 1998 to 2000 - Euro Surveillance : Bulletin Europeen sur les Maladies Transmissibles = European Communicable Disease Bulletin 2003 Jan; 8(1): 14-8

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In Frankreich gibt es seit 1992 ein von der Einheit U360 im nationalen Institut für Gesundheit und medizinische Forschung (INSERM) koordiniertes Netzwerk von Neurologen und Neuropathologen für die Entdeckung, Klassifizierung und epidemiologische Untersuchung möglichst vieler Fälle menschlicher Prionkrankheiten. Diesem übermittelt das nationale Institut für die Gesundheitsüberwachung (InVS) seit 1996 die vorgeschriebenen Meldungen der lokalen Gesundheitsämter (DDASS) über Fälle von Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK), Gerstmann-Sträussler-Scheinker-Syndrom (GSS) und tödlicher erblicher Schlaflosigkeit (FFI). Das vom neuropathologischen Labor des Pariser Krankenhauses Hôpital de la Salpétrière de l'Assistance publique - Hôpitaux de Paris (AP-HP) koordinierte Neuropathologen-Netzwerk übermittelt die Ergebnisse und Proben von Autopsien. Biochemische, molekularbiologische und virologische Laboratorien in Lyon und Bordeaux suchen nach spezifischen Markern in der Zerebrospinalflüssigkeit und untersuchen das Gen des Prionproteins. Als nationales Referenzzentrum für unkonventionelle Krankheitserreger (Centre national de référence des Agents transmissibles non conventionnel) führt das neurovirologische Labor der Atomenergiekommission (Laboratoire de neurovirologie du Commissariat l'énergie atomique) die Erregerstamm-Charakterisierung und Tierversuche durch. Das nationale Referenzzentrum für iatrogene CJK-Fälle (Centre national de référence des MCJ iatrogènes) beobachtet (vorwiegend) die Entwicklung bei den durch kontaminiertes menschliches Wachstumshormon verursachten CJK-Fällen. Alle Partner des Netzwerkes und insbesondere alle Neurologen übermitteln ihre Informationen an die Netzwerkzentrale, wo die U360 die Daten überprüft und komplettiert und jeden Fall klassifiziert. Die Verdachtsmeldungen nahmen von 459 im Jahr 1998 über 590 (1999) auf 823 im Jahr 2000 zu und kommen meistens zunächst von den biologisch-genetischen Laboratorien.

Klassifizierung der französischen CJK-Fälle
Jahr der Feststellung 1998 1999 2000
bestätigte oder wahrscheinliche Fälle "sporadischer" CJK 81 92 83
neue Variante der CJK 0 0 1
CJK-Fälle mit pathogenen Mutationen 13 5 6
iatrogene CJK-Fälle bei Kleinwüchsigen 8 8 9
andere iatrogene CJK-Fälle 1 0 0
Summen 103 105 99
CJK-Mortalität (pro Million Einwohner und Jahr) 1,38 1,56 1,41

Die erkannte CJK-Mortalität stieg in Frankreich von 1993 bis 1996 deutlich an, blieb danach aber mit 1,38 im Jahr 1998, 1,56 in 1999 und 1,41 Fällen pro Million Einwohner im Jahr 2000 insgesamt annähernd konstant. Sie war aber in verschiedenen Distrikten extrem unterschiedlich. Immerhin 20 Distrikte meldeten in den 3 Jahren keinen einzigen Fall, während die gemeldete CJK-Inzidenz in den Distrikten Meuse, Haute-Saône, Orne, Lozère dreifach über dem nationalen Durchschnitt lag. Dazu passt die unglaublich geringe Zahl von Autopsien (101 in 1998, 94 in 1999 und 105 in 2000), mit denen man CJK hätte diagnostizieren können. In 31 Distrikten wurde in diesem Zeitraum keine einzige Autopsie im Hinblick auf eine mögliche CJK durchgeführt. Von den aufgrund klinischer Symptome möglichen oder wahrscheinlichen CJK-Verdachtsfällen wurden im Jahr 1998 nur 57 von 111 (51,4%), 1999 nur 66 von 121 (54.5%) und in 2000 nur 62 von 107 (57.9%) durch neuropathologische Untersuchungen bestätigt. Dies lässt auf Mängel bei der klinischen Diagnose und eine geringe Bereitschaft zur Durchführung von Autopsien und dementsprechend auf eine erhebliche Dunkelziffer schließen, auch wenn Zufall als alleinige Ursache für die sehr ungleiche Verteilung der Fälle nicht ganz ausgeschlossen werden kann.

Andererseits wurden in den 3 Jahren auch 14 Hirnproben von noch lebenden Patienten entnommen, die in 4 Fällen auch ohne anschließende Autopsie zu einer eindeutigen CJK-Diagnose führten. Zu Recht kritisieren die Autoren diese Praxis, weil sie für den Patienten nur schädlich ist und außerdem bei negativem Befund CJK nicht ausschließen kann.

Der Anteil der schließlich bestätigten CJK-Verdachtsfälle hat von 1993 bis 2000 deutlich abgenommen. Während 1993 noch 85% der gemeldeten Verdachtsfälle bestätigt wurden, war dies im Jahr 2000 nur noch in 16% der Fälle so. Verantwortlich dafür ist aber zumindest nicht nur eine gesteigerte Aufmerksamkeit gegenüber CJK, sondern eine zunehmende Zahl von 14-3-3-Tests, die ziemlich unspezifisch sind und viele Fehlalarme auslösen. Besonders stark nahm die Zahl der Meldungen nach der Veröffentlichung der ersten britischen Fälle von nvCJK im Jahr 1996 zu.

Konstant blieb 1998-2000 auch die Zahl der CJK-Fälle bei Kleinwüchsigen, die auf eine oder mehrere infektiöse Präparationen menschlichen Wachstumshormons zurückgeführt werden. Es gab in den Jahren 1996, 2000 und 2001 jeweils einen bestätigten Fall von neuer Variante der CJK und am 1 Dezember 2001 lebten zwei wahrscheinliche Fälle von nvCJK noch. Das Durchschnittsalter dieser 5 Patienten lag bei ihrem Tod oder der Meldung bei nur 27 Jahren (18-36). Drei dieser 5 Patienten lebten im Distrikt Ile de France und alle 5 waren homozygot hinsichtlich des Codons 129. Die Autoren erwähnen es leider nicht, aber sie dürften alle Methionin-homozygot gewesen sein. Unter allen französischen CJK-Patienten liegt das Geschlechterverhältnis (Männer/Frauen) bei 0,82. Der Anteil der weniger als 50 Jahre alten CJK-Fälle betrug bei den sporadischen 2%, bei den erblichen 25% und bei den iatrogenen Fällen 100%.

Bei den erblichen Fällen von CJK wurden 24 Mutationen (1 in Codon 102, 3 in Codon 178, 13 in Codon 200, 1 in Codon 203, 5 in Codon 210 und 1 in Codon 211) identifiziert. Codon 129 wurde in nur 57% der CJD-Fälle untersucht. Von 130 bestätigten oder wahrscheinlichen Fällen waren 103 (79%) homozygot, davon 78 (76%) Met-Met. Von den 24 daraufhin untersuchten Fällen von iatrogener CJK bei Kleinwüchsigen waren 70% homozygot (77% Met-Met and 23% Val-Val).

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