NR ZDAM
AU Marahrens,M.
TI Diagnostische Tötung und Bestandstötung im Seuchenfall
QU BgVV-Seminar "Tierärztliche Überwachung der Geflügelfleischproduktion", Berlin, 29. und 30.November 2000
PT Proceedings
AB Die Tötung von Geflügel zur Durchführung diagnostischer Maßnahmen unterliegt ebenso wie die Bestandstötung den allgemeinen Vorgaben des Tierschutzgesetzes und den speziellen Anforderungen der Tierschutz-Schlachtverordnung. Die hier genannten Methoden und Verfahren stellen bei fachgerechter Anwendung sicher, dass die Tiere ohne Schmerzen und Leiden getötet werden können. Hinsichtlich der Schnelligkeit der Bewußtseinsausschaltung sind die genannten physikalischen Methoden den chemischen häufig überlegen, verlangen jedoch spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten des Anwenders. Zudem werden sie vom Personal aus ästhetischen Gründen häufig abgelehnt. Das gewählte Verfahren ist dem diagnostischen Zweck anzupassen, da die Anwendung chemischer Methoden häufig pharmakologisch bedingte Veränderungen auf morphologischer und/oder histologischer Ebene mit sich bringen. Bei den für die Tötung von Einzeltieren genannten physikalischen Methoden muß zwischen solchen, die direkt tödlich wirken (Dekapitation, Genickbruch, Elektrobetäubung mit Auslösung von Herzkammerflimmern) und solchen mit Betäubungswirkung unterschieden werden (Kopfschlag, Bolzenschuss, Elektronarkose ohne Auslösen von Herzkammerflimmern). Letzteren müssen unmittelbar nach Anwendung weitere Maßnahmen zur schnellen Tötung der Tiere folgen, ohne dass sie ihr Bewußtsein wiedererlangen (Entblutung, Genickbruch, Dekapitation). Für die chemische Tötung von Geflügel sind grundsätzlich alle zugelassenen Injektions- (Barbiturate) und Inhalationsnarkotika (Ether, Halothan) in einer sicher wirksamen Überdosierung geeignet. Ebenso sind mit gutem Erfolg speziell entwickelte Euthanasiepräparate wie Eutha 77 oder T61 einzusetzen. Für den Einsatz von Gasen wie dem Kohlendioxid und dem Kohlenmonoxid sind in der TierSchlV hinsichtlich der Anwendungskonzentration und der Einwirkdauer spezielle Auflagen gemacht worden. Die Anwendung beim Geflügel ist von der zuständigen Behörde zu genehmigen oder anzuordnen. Zur Verminderung von Abwehrreaktionen und Excitationserscheinungen können dem CO2 andere Gase wie Sauerstoff, Stickstoff oder Argon zugemischt werden. Bei der Auswahl der zur Bestandstötung von Nutzgeflügel einzusetzenden Verfahren sind neben der Tierart, der Bestandsgröße und dem Allgemeinzustand der Tiere auch der Anlass der Tötung, das Risiko einer Verbreitung von Krankheitserregern und der daraus resultierende Zeitdruck zu berücksichtigen. Spezielle Verfahren sind hierfür bisher nicht entwickelt worden, so dass häufig improvisiert werden muss. Kleine Geflügelbestände können bis zu einer Größenordnung von einigen hundert Tieren mit den beschriebenen Verfahren zur Einzeltiertötung gemerzt werden. Für die Tötung mittlerer und größerer Bestände können die Tiere bei Vorliegen von Transportmöglichkeiten (Transportfähigkeit, seuchenhygienische Unbedenklichkeit) in bestehende Geflügelschlachtanlagen verbracht werden, wo sie unter Anwendung elektrischen Stromes oder mittels Kohlendioxid getötet werden. Ist ein Transport des Nutzgeflügels wegen seuchenhygienischer Probleme oder aus Tierschutzgründen nicht möglich, müssen die Tiere im Bestand selbst getötet werden. Hierfür eignen sich das Einbringen der Tiere in kohlendioxidgefüllte Container oder der Einsatz einer mobilen Elektrotötungsanlage. Bei Ausbrüchen hochkontagiöser Seuchen wie der aviären Influenza muss die unverzügliche, teilweise flächendeckende Keulung der Bestände angeordnet werden. Hierfür reichen Kapazität und Schnelligkeit von Verfahren, die ein individuelles Handling der Tiere voraussetzen, nicht mehr aus. In diesem Fall wären Bestandsbegasungen erforderlich, für die bisher nur einzelne Erfahrungsberichte vorliegen. Eine Bestandsbegasung mit Kohlendioxid ist wegen zu langer Anflutungszeit und der benötigten Mengen kaum praktikabel. Andere, im Einzelfall in der Praxis eingesetzte Gase wie Kohlenmonoxid und Blausäure sind bislang weder unter Tierschutz- noch Praktikabilitätsaspekten hinreichend untersucht. Ihre Anwendung berührt zudem andere Rechtsgebiete wie den Arbeits-, Anwohner- und Umweltschutz. Forschungsarbeiten zur Entwicklung tierschutzgerechter, sicherer und praktikabler Verfahren zur Bestandsbegasung im Seuchenfall sind daher dringend erforderlich.
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