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AU anonym
OT Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJK): Zur Epidemiologie, Erkennung, Diagnostik und Prävention und zur Minimierung des Risikos einer iatrogenen Übertragung
QU Epidemiologisches Bulletin 2002 Apr 10; Nr. 14: 113-4
IA http://www.rki.de/INFEKT/EPIBULL/2002/14_02.PDF
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Die seit vielen Jahrzehnten bekannte, aber sehr seltene Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) wird zu einer Gruppe von Krankheiten gezählt, bei denen eine irreversible Schädigung des zentralen Nervensystems mit pathologischen (Prion)-Proteinablagerungen einhergeht. Eine spontane Heilung oder eine Therapie gibt es bisher nicht. Die Erkrankungen enden immer tödlich. Die CJK hat durch das Auftreten einer erstmals 1996 in England beschriebenen Variante eine aktuelle gesundheitspolitische Bedeutung erlangt. Diese Variante der CJK (vCJK) wird auf die Übertragung eines infektiösen Erregers auf den Menschen zurückgeführt, der über Nahrungsmittel aufgenommen wird, die aus BSE-infizierten bzw. an der bovinen spongiformen Enzephalopathie (BSE) erkrankten Rindern hergestellt wurden. Bislang ist in Deutschland vCJK noch nicht nachgewiesen worden (Stand: März 2002), mit dem Auftreten von Erkrankungsfällen muss jedoch gerechnet werden.
Die Surveillance der CJK beruht auf der gesetzlichen Meldung und einer prospektiven Studie an der Universität Göttingen, in der eine Erfassung und Nachuntersuchung aller Fälle angestrebt wird: Gemäß §6 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) sind der Verdacht, die Erkrankung und der Tod sowohl der sporadischen CJK als auch der vCJK namentlich dem zuständigen Gesundheitsamt zu melden. Darüber hinaus soll über alle Verdachtsfälle auch an die Studie >Epidemiologie und Frühdiagnose humaner spongiformer Enzephalopathien< an der Neurologischen Klinik der Universität Göttingen berichtet werden (Adresse s. u.).
Zur Situation in Deutschland und zum Stand des Wissens wurde im Jahr 2001 insbesondere in folgenden Publikationen berichtet:
- Übersicht unter epidemiologischem Aspekt: Die bovine spongiforme Enzephalopathie (BSE) - eine Tierseuche mit erheblicher Bedeutung für den Menschen (Epid. Bull. 2001; 4: 23-27),
- Creutzfeldt-Jakob-Erkrankungen in Deutschland 1994-2000: Ergebnisse der Surveillance mit zwei Erfassungssystemen (Epid. Bull. 2001; 8: 55-57),
- Zerr I, Poser S: Spongiforme Enzephalopathie des Menschen. Epidemiologie und klinische Charakteristika. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 2001; 4: 341-349,
- Die bovine spongiforme Enzephalopathie (BSE) des Rindes und deren Übertragbarkeit auf den Menschen. Gemeinsame Information des RKI, des BgVV, des PEI und des BfArM (Stand: 5. März 2001). Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 2001; 5: 421-431.
Erste Daten zu den im Jahr 2001 gemäß IfSG gemeldeten CJK-Fällen werden in dem in Kürze erscheinenden Infektionsepidemiologischen Jahrbuch des RKI publiziert.
In der aktuellen Ausgabe 4/2002 der Zeitschrift Bundesgesundheitsblatt -Gesundheitsforschung -Gesundheitsschutz wird jetzt in einer Gemeinschaftsarbeit des Robert Koch-Institutes mit einer Vielzahl von Experten ausführlich zur Epidemiologie, Erkennung, Diagnostik und Prävention der Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJK) berichtet (S. 376 ff).
Krankenhaushygienische Aspekte der Prävention: Berichte über die iatrogene Übertragung des extrem resistenten Erregers der sporadischen Form der CJK haben dazu geführt, dass das Robert Koch-Institut in Zusammenarbeit mit externen Experten bereits in den Jahren 1996 und 1998 Empfehlungen zur >Desinfektion und Sterilisation von chirurgischen Instrumenten bei Verdacht auf Creutzfeldt-Jakob-Erkrankungen<1 und zur >Krankenversorgung und Instrumentensterilisation bei CJK-Patienten und CJK-Verdachtsfällen<2 erarbeitet hat. Diese sind nach wie vor gültig.
Das Vorkommen autochthoner Fälle von mit dem BSEErreger befallenen Rindern in Deutschland und die Zunahme von Fällen der vCJK in Großbritannien sowie vCJK-Fälle in Frankreich, Irland und zuletzt in Italien gaben jedoch Anlass, die Praxis der Aufbereitung von Medizinprodukten unter diesem Aspekt erneut zu überdenken. Während der Nachweis von Erregern (Protease-resistentes Prionprotein) bei der sporadischen CJK nur in Nervengewebe gelingt, wurde bei der vCJK dieses Protein in Einzelfällen bereits vor Auftreten von Krankheitssymptomen auch in lymphatischen Geweben (z. B. Tonsillen und Appendix) nachgewiesen. Eine mathematisch fundierte Risikoanalyse und daraus abzuleitende Prognosen sind gegenwärtig aufgrund der noch unzureichenden Datenlage und der kleinen Fallzahlen mit großen Unsicherheiten behaftet.3,4 Angesichts dieser neuartigen krankenhaushygienischen Risiken war es erforderlich, eine besonders sorgfältige Abstimmung innerhalb der betroffenen Kreise vorzunehmen. Auf Einladung des Robert Koch-Instituts wurde in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Beirat der Bundesärztekammer eine Task Force vCJK einberufen, die jetzt Überlegungen und Empfehlungen zur Minimierung des Risikos einer iatrogenen Übertragung der vCJK durch Medizinprodukte, insbesondere durch chirurgische Instrumente, vorlegt hat. Die oben zitierte Publikation im Heft 4/2002 der Zeitschrift Bundesgesundheitsblatt ? Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz enthält den Abschlussbericht der Task Force vCJK und die in diesem Zusammenhang empfohlenen Hygienemaßnahmen. - Parallel wurden seit Februar 2001 alle betroffenen medizinischen Fachgesellschaften und die Hersteller von Medizinprodukten informiert.
In Anbetracht der absehbaren Schwierigkeiten bei der Umsetzung strikter Dekontaminationsverfahren für eine Vielzahl von Medizinprodukten wird es notwendig sein, die kürzlich erarbeiteten Empfehlungen schrittweise unter jeweiliger Berücksichtigung neuer Erkenntnisse aus Forschung und Praxis einzuführen und anzuwenden. Basis aller Maßnahmen ist die fachgerechte standardisierte Aufbereitung gemäß der gemeinsamen Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim RKI und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte zu den >Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten [5].
Eine weitere spezielle Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim RKI (Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung flexibler Endoskope und endoskopischen Instrumentariums) wird im aktuellen Bundesgesundheitsblatt [6] veröffentlicht. Damit liegen jetzt umfangreiche aktuelle Empfehlungen zur sicheren Aufbereitung von Medizinprodukten vor.
Nach derzeitigem Kenntnisstand (Stand Januar 2002) erscheint ein gestuftes Vorgehen zur Risikominimierung einer Übertragung der vCJK bei der Anwendung von Medizinprodukten, insbesondere chirurgischen Instrumenten, begründet. Hierbei wird zunächst berücksichtigt, ob die Medizinprodukte
a) bei Patienten angewendet werden, bei denen eine vCJK möglich oder klinisch wahrscheinlich ist, also ein erkennbares Risiko besteht (Prozedere I). - Davon abzugrenzen ist
b) die Berücksichtigung eines nicht unmittelbar erkennbaren Risikos, das sich aufgrund der obigen Überlegungen zur möglichen alimentären Exposition der Bevölkerung und der Inkubationszeit aus einem symptomlosen Trägerstatus oder einer unerkannten vCJK ergeben kann (Prozedere II).
1. Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 1996; 8: 282-283
2. Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 1998; 7: 279-285 (http://www.rki.de/INFEKT/BSE/CJK-ST.HTM)
3. http://www.doh.gov.uk/cjd/ riskassessmentsi.htm
4. Bericht der AG >Gesamtstrategie Blutversorgung angesichts vCJK< des Arbeitskreises (AK) Blut (2001) (http://www.rki.de/GESUND/AKBLUT/BERICHT_AK-BLUT_GESAMTSTRATEGIE.PDF)
5. Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 2001; 11: 1115-1126 (http://www.rki.de/GESUND/HYGIENE/ANFORDHYGMED.PDF)
6. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 2002; 4: 395ff (GESUND/HYGIENE/ANFORDHYGMED.pdf)
Wichtige Ansprechpartner:
- Konsiliarlaboratorium für spongiforme Enzephalopathien (Klinische Diagnostik und Epidemiologie)
Neurologische Klinik und Poliklinik der Georg-August-Universität Göttingen, Robert-Koch-Str. 40, 37075 Göttingen
Ansprechpartner:
Frau Dr. I. Zerr (klinische Fragestellungen, Anfragen aus Gesundheitsämtern);
Frau M. Bodemer (Probenversand bei klinischem Verdacht auf CJK; Einsendungen nur nach vorheriger Absprache)
Tel.: 05 51 . 39-6636, - 84 01, - 84 54; E-Mail: IngaZerr@aol.com
- Konsiliarlaboratorium für spongiforme Enzephalopathien (Pathologie und Genetik)
Institut für Neuropathologie, LMU München Marchioninistr. 17, 81377 München
Ansprechpartner: Herr Prof. Dr. H. A. Kretzschmar, Tel. 089 . 7095 - 4904, Fax: 089 . 7095 -49 03, E-Mail: Hans.Kretzschmar@inp.med.uni-muenchen.de
- (Beratung in Fragen der Differenzierung der Subtypen der CJK, der Durchführung von Autopsien, zu Anforderungen an das Untersuchungsmaterial und den Versandbedingungen. Einsendung von Material nur nach vorheriger Absprache)
- Robert Koch-Institut, FG Angewandte Infektions- und Krankenhaushygiene
Ansprechpartner: Herr Prof. Dr. M. Mielke
Nordufer 20, 13353 Berlin, Tel.: 0 18 88 . 754 - 2293
SP deutsch
PO Deutschland