NR AQGE
AU Marx
TI Betrifft: Gefährdungspotential von BSE, Scrapie und der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit
QU Antwortbrief vom 27.7.95 auf mein Schreiben an Minister Seehofer vom 22.5.95
IN
Dr. Marx aus dem Bundesministerium für Gesundheit schickte mir mit Dank von Herrn Minister Seehofer für meinen Artikel einen Brief. Mein Artikel wurde dem Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) sowie Prof. Diringer im Robert-Koch-Institut (RKI) zur Stellungnahme vorgelegt. Dabei verwies Prof. Diringer auf unser Telephonat und wird nicht näher zitiert.
Die von mir angesprochenen Gefährdungspotentiale sollen beiden Instituten bekannt und bereits in die Stellungnahmen und Maßnahmen des Bundesministerium für Gesundheit eingeflossen sein. Man hält jedoch die Summe aller wissenschaftlichen Erkenntnisse für so unvollständig und teilweise widersprüchlich, dass sich kein einheitliches Erklärungsmodell formulieren lasse. Deshalb lasse sich schwer eine Grundlage für ein allgemein anerkanntes rechtliches Handeln finden. Meine Aussage, die Sicherheit der Verbraucherschaft sei durch die Maßnahmen der EU eindeutig nicht gewährleistet, gehe deshalb zu weit. Zwar könne ein potentielles Risiko für den Verbraucher durch die bestehenden EU-Schutzmaßnahmen nicht vollständig ausgeschlossen werden, es sei aber auch unstrittig, dass durch diese Maßnahmen ein weitestgehender Schutz des Verbrauchers gegeben sei.
Dr. Marx betont, dass Schutzmaßnahmen auch ohne genaue Kenntnisse über die Art des Erregers ergriffen werden können und wurden. Die Zoonosenrichtlinie und die Sicherheitsbestimmungen für Arzneimittel und Kosmetika beträfen dabei immer neben BSE auch Scrapie, obwohl das Risiko einer Scrapie-Infektion von Menschen nur theoretisch nicht auszuschließen sei. Es verstehe sich aber von selber, dass die Art der Maßnahmen fortlaufend den sich erweiternden wissenschaftlichen Erkenntnissen angepaßt werde. Genau hier liegt das Unverantwortbare im politischen Umgang mit neuartigen Krankheiten. Schutzmaßnahmen gegen nicht völlig verstandene Krankheiten müssen zunächst vom schlimmstmöglichen Szenario ausgehen und dürfen aufgrund neuer Erkenntisse lediglich entschärft werden. Wer Schutzmaßnahmen aufgrund neuer Erkenntnisse verschärfen muß, hat damit nachweislich zuvor unverantwortlich gehandelt.
Der Nachweis des Prionprotein mit Hilfe einer Immunreaktion im Gehirn verstorbener Menschen oder Tiere erfolgt nach Auskunft von Dr. Marx bereits heute routinemäßig in darauf spezialisierten Diagnostikeinrichtungen. Ich nehme an, dass damit das veränderte Prionprotein gemeint ist. Für eine ante mortem Untersuchung reiche die Sensitivität dieser Tests jedoch noch nicht aus. Es werde jedoch international und in mehreren durch die Bundesregierung geförderten Forschungsvorhaben intensiv an einer Verfeinerung der Tests gearbeitet, damit eines Tages auch kleinste Mengen des Prionproteins in Blut, Speichel, Urin oder Kot nachgewiesen werden können.
Meine Beiweisführung völlig übergehend, hält Dr. Marx die Frage nach dem Erreger für offen und hält offenbar die Virustheorie weiterhin für nicht widerlegt. Merkwürdigerweise behauptet er, ich sei davon überzeugt, dass der Erreger eindeutig ein Prion sei. Dr. Marx hat anscheinend nicht gemerkt, dass ich die Virus-Theorie widerlegt und mich bezüglich der Prionentheorie ausdrücklich nicht festgelegt habe.
OR Prion-Krankheiten Korrespondenz
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