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AU Nolden,S.

TI Rinderwahnsinn und kein Ende

QU WELT-Interview mit der rheinland-pfälzischen Staatsministerin Klaudia Martini zum Thema BSE vom 14.7.95

PT Zeitungsartikel

IN Am 8.6.1995 wurde bei einem im Februar 1992 geborenen Rind aus der Grafschaft Cumbria im Nordwesten Großbritanniens Rinderwahnsinn (BSE) festgestellt. Es lebte in einer Herde, in der zuvor schon 26 Fälle von BSE festgestellt worden waren. Damit wurde die Auffassung der britischen Regierung, des Brüsseler Veterinärausschusses und Herrn Seehofers widerlegt, ab 1992 geborene Rinder könnten aufgrund des Verfütterungsverbotes von 1988 nicht mit BSE infiziert sein. In dem Interview klagt Frau Martini Herrn Minister Seehofer an, entgegen der Warnung des früheren Bundesgesundheitsamtes ab 1992 geborene Rinder für generell BSE-frei erklärt und deren Import erlaubt zu haben. Anstatt der Forderung des Bundesrates vom 20.1.95 folgend einen Importstopp (gegen Rinder und Fleisch aus England) notfalls vor dem Europäischen Gerichtshof durchzusetzen, habe er die Gesundheitsvorsorge auf dem Altar wirtschaftlicher Interessen in Brüssel geopfert. Sie macht darauf aufmerksam, dass schon der Jahrgang 1991 BSE-frei sein müßte, wenn das Verfütterungsverbot von 1988 wirksam wäre. Bis Februar 1995 wurden aber bereits 9, bis März 27, bis Mai 87 und bis Juni 116 Fälle von BSE in diesem Jahrgang gemeldet. Es war daher absehbar, dass früher oder später der erste BSE-Fall im Jahrgang 1992 gemeldet werden würde. Herr Seehofer wußte dies und setzte im Februar 1995 dennoch die Importerlaubnis durch. Frau Martini erinnert daran, dass weiterhin englische Tierkörperverwertungsanlagen mit Temperaturen und Erhitzungsdauern unter dem deutschen Standard arbeiten und ihr Tiermehl auf dem europäischen Markt absetzen. Sie vermutet einen Zusammenhang zwischen der Verwendung dieses Tiermehls und der relativ hohen Anzahl von BSE-Fällen in der Schweiz, während der deutsche Futtermittelmarkt durch ausreichende eigene Produktion relativ geschützt ist. Sie verweist außerdem darauf, dass sich britisches Rindfleisch in französischer Pastete und holländischer Wurst befinde. Sie wirft der Brüsseler Kommission vor, ein negatives Ergebnis einer bis 1996 angelegten Untersuchung der Möglichkeit maternaler Übertragung von BSE vorweggenommen zu haben. Dabei sollen selbst die Briten die Chancen einer maternalen Erregerübertragung auf 5% schätzen. Hier ist allerdings zu fragen, von wem stammt diese Schätzung, wie wird sie begründet und worauf bezieht sich die Prozentangabe? Ist damit die Wahrscheinlichkeit einer Übertragbarkeit an sich oder die Häufigkeit einer Übertragung gemeint, deren Möglichkeit in diesem Fall bereits bewiesen wäre? Frau Martini berichtet von der diesjährigen Beratungstagung der Weltgesundheitsorganisation zum Thema übertragbare spongiforme Enzephalopathien, auf der auch der Mensch zu den potentiellen Wirten für BSE gezählt wurde. Deshalb fordert sie einen Vorrang vorsorgenden Verbraucherschutzes vor wirtschaftlichen Interessen.
Stephan Nolden brachte dieses Interview auch in der Koblenzer Sonntagszeitung "Mittelrheinische Morgenpost" und die Nachrichtenagentur ddp/ADN (Deutscher Depeschendienst/Allgemeiner deutscher Nachrichtendienst) berichtete darüber.

AD Stephan Nolden, Südallee 68, 56068 Koblenz, Tel. u. Fax: 0261/32955

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