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AU Pollmer,U.

OT Rinderwahnsinn - Längst in deutsch Landen?

QU EU.L.E.N-Spiegel - Wissenschaftlicher Informationsdienst des Europäischen Institutes für lebensmittel- und Ernährungswissenschaften (EU.L.E) e.V. 1995 Apr 24; 1

IA http://www.www-promotion.com/user/eulenspiegel/spiegel/alt/95a12404/edit.htm

IN Der Autor bemängelt, dass deutsche Politiker nach 10 Jahren der Untätigkeit plötzlich in Aktionismus verfielen. Er behauptet fälschlich, die Verwendung von Fleischmehl sei in Deutschland erst 1994, 6 Jahre später als in Großbritannien verboten worden. Bevor man so gewichtige Vorwürfe gegen die Bundesregierung erhebt, sollte man sich eigentlich informieren. Der Autor hätte wissen können und müssen, dass das deutsche Tiermehlverfütterungsverbot für Wiederkäuer 10 Monate nach dem britischen kam.
Er bezeichnet ein Importverbot für britisches Rindfleisch als völlig nutzlos und behauptet, der Erreger komme auch bei uns seit Jahrhunderten in Schaf, Ziege und Wild vor. Leider nennt er keine Quelle für die Beobachtung entsprechender Hirnerkrankungen bei deutschen Wildtieren. Der Autor versteht offenbar nicht, dass ein Unterschied zwischen dem Übertragungsrisiko der seit 250 Jahren weit verbreiteten Seuche Scrapie in England und der in Deutschland äußerst seltenen Traberkrankheit besteht. Ebensowenig ist nachvollziehbar, dass der Import britischen Rindfleisches trotz der in England mindestens 1000-fach häufigeren Rinderseuche BSE für Deutschland kein zusätzliches Risiko darstelle. Der Verweis auf mögliche Importe über andere Länder macht diese Argumentation kaum sinnvoller. Dem Autor scheint nicht bekannt zu sein, dass die Inkubationszeit der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit von der Menge des aufgenommenen Erregers abhängt. Den wahren Grund für die zahlreichen Empfehlungen für eine Bevorzugung deutschen Rindfleisches sieht er nicht ganz zu Unrecht in nationalistischem Gewinnstreben. Tatsächlich bieten der angestrebte Herstellungsnachweis und die Bevorzugung einheimischer Erzeugnisse keinen vollständigen Schutz. Sie minimieren aber sicher die Menge übertragener Erreger und verlängern zumindest beträchtlich die Inkubationszeiten der Infizierten.
Kein Kenner der Materie würde behaupten, dass die Senkung der Herstellungstemperatur nicht entscheidend für die Ausbreitung von BSE in England gewesen sei. Der Erreger wird eindeutig bei hohen Temperaturen größtenteils inaktiviert. Genauso falsch ist die Behauptung, die Prionen würden durch Lösungsmittel abgetötet. Lösungsmittel lösen den Erreger und können ihn fortwaschen. Im Gegensatz zu Hitze schädigen sie aber den Erreger nicht, der im Übrigen gar nicht getötet werden kann.
Interessant ist dagegen der allerdings leider nicht belegte Hinweis, das Lösungsmittel Perchlorethylen sei bis vor 10 Jahren über Futtermehle in deutsche Milch gelangt. Sollten mit Futtermehlen Tierkörpermehle gemeint sein und dies tatsächlich zutreffen, dann wäre dies ein Beweis für eine Verfütterung von Tierkörpermehlen auch an deutsche Rinder. Richtig ist auch der Hinweis, dass auch Schweine und Geflügel verseucht sein könnten und das dies nur wegen ihrer kurzen Lebensdauern nicht auffiele. Dabei übersieht der Autor allerdings, dass auch bei den recht langlebigen deutschen Milchkühen bisher nie mit Sicherheit BSE diagnostiziert wurde. Natürlich gibt es gute Gründe, BSE-Fälle außerhalb von England zu verschweigen. Dies könnte aber nicht verhindern, dass ebenso wie in etlichen anderen kontinentaleuropäischen Ländern auch in Deutschland BSE-Fälle bekannt würden, wenn sie nicht sehr selten wären. Vernünftig ist schließlich auch der Vorschlag, Gehirne aus Rindern, Schweinen und Schafen vom menschlichen Verzehr auszuschließen. Er greift aber entschieden zu kurz und spricht für einen sehr unzulänglichen Informationsstand des Autors.

SP deutsch

PO Deutschland

OR Prion-Krankheiten 6

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