Lernmodul mit Aufgaben einer Klausur zum Thema Enzyme und Stoffwechsel

Roland Heynkes, 3.7.2019

Diese Seite dient der Selbstkontrolle für diejenigen, welche die Klausur-Aufgaben bearbeitet haben und nun sehen wollen, wie ich geantwortet hätte.

Diese Tabelle zeigt meine Lösungsvorschläge zu den Aufgaben, bei denen es um Enzyme und Stoffwechsel geht.
1

Lebewesen als offene oder geschlossene thermodynamische Systeme

Material 1:
Physiker und Biologen nennen thermodynamische Systeme offen, wenn sie mit ihren Umgebungen Stoffe UND Energie austauschen können. Geschlossene thermodynamische Systeme können mit ihren Umgebungen nur Energie, aber keine Materie austauschen. Da es keine hundertprozentigen Isolierungen gibt, existieren abgeschlossene thermodynamische Systeme nur theoretisch, denn sie könnten definitionsgemäß mit ihren Umgebungen weder Materie noch Energie austauschen.

  • I.A. Erkläre mit Hilfe von Material 1, wie man menschliche Eizellen von offenen in geschlossene thermodynamische Systeme und wieder zurück in offene verwandelt!
  • I.B. Erkläre, warum annähernde Fließgleichgewichte das lebende System Zelle vom technischen System Uhr unterscheiden!
  • I.C. Entwickle eine Hypothese als Antwort auf die Frage, was angesichts des im Verlauf einiger Jahre praktisch vollständigen Austausches aller seiner Stoffe einen Menschen eigentlich ausmacht!

    I.A. (4 Punkte):
  1. Lebende Eizellen sind offene thermodynamische Systeme, weil sie mit ihren Umgebungen Stoffe und Energie austauschen.
  2. Sie werden zu geschlossenen thermodynamischen Systemen, wenn man Eizellen in flüssigem Stickstoff einfriert,
  3. denn dann können sie höchstens noch Energie austauschen.
  4. Das tun sie, wenn man sie in Nährlösung wieder auftaut. Dann können sie wieder leben und sind wieder offene thermodynamische Systeme.

    I.B. (3 Punkte):
  1. Im Gegensatz zum lebenden System Zelle ist eine Uhr ein geschlossenes thermodynamisches System, weil es mit seiner Umwelt keine Stoffe, sondern lediglich Energie austauscht.
  2. Zellen erhalten ihre Homöostase auch dadurch, dass sie die Aufnahme von Nährstoffen und Sauerstoff mit der Ausscheidung nicht mehr brauchbarer Stoffe ungefähr im Fließgleichgewicht halten.
  3. Alternativ kann man es auch so ausrücken, dass Zellen ungeachtet des ständigen Stoffwechsels Strukturen und Funktionen weitgehend konstant halten.

I.C. Da es nicht die Materie sein kann, bleiben als die Essenz eines Menschen nur sein Bauplan, epigenetische Prägungen, Mikrobiom, erworbene Strukturen wie die Knochendichten, Krankheiten und vor allem die neuronalen Verknüpfungen als Grundlage von Persönlichkeit oder Charakter, Fähigkeiten, antrainierte Bewegungsmuster, Wissen, Vorurteile. Es sind also allgemein Informationen, die in Strukturen gespeichert werden. (2 Punkte)

2

Aktivierungsenergie und Enzyme

Material 2: Diagramm 1
Aktivierungsenergie

  • II.A. Beschrifte das Diagramm 1 in Material 2!
  • II.B. Skizziere und beschrifte ein Diagramm 2 mit je einer Kurve für eine exotherme und eine endotherme chemische Reaktion!
  • II.C. Skizziere und beschrifte ein Diagramm 3 das zeigt, wie mit steigender Substrat-Konzentration die Reaktionsgeschwindigkeit einer chemischen Reaktion zunimmt!
  • II.D. Erkläre den Verlauf der Kurve in Diagramm 3!
  • II.E. Definiere die Begriffe Aktivierungsenergie und Enzym!
  • II.F. Definiere die Begriffe Enzym-Substrat-Komplex, Substratspezifität und Wirkungsspezifität!
  • II.G. Beschreibe Funktion und zwei Mechanismen der energetischen Kopplung!

II.A. Diagramm 1 (6 Punkte):
Aktivierungsenergie

II.B. Diagramm 2 (6 Punkte):
ExoEndotherm

I.C. Diagramm 3 (3 Punkte):
Sättigungskurve

II.D. (3 Punkte):

  1. Anfangs steigt wie bei jeder chemischen Reaktionen die Reaktionsgeschwindigkeit proportional mit der Konzentration der Substrate.
  2. Dann verflacht die Kurve immer mehr, denn mit zunehmender Substrat-Konzentration sind immer mehr Enzyme bereits beschäftigt, weil es Zeit kostet, Substrate zu binden, Enzym-Substrat-Komplexe zu bilden, Substrate zu Produkten reagieren zu lassen und die Produkte aus den aktiven Zentren der Enzyme zu entfernen.
  3. Man nennt diesen Kurvenverlauf Sättigungs-Effekt oder Sättigungskurve.

II.E.

  • Aktivierungsenergie nennt man ganz allgemein die Energiemenge, die erforderlich ist, um die Energie eines Teilchens oder mehrerer Teilchen auf ein höheres Niveau zu heben, auf dem das Teilchen dann zu ihm vorher nicht möglichen Aktivitäten fähig ist. Im Zusammenhang mit chemischen Reaktionen meint man mit Aktivierungsenergie die Energiemenge, die man Ausgangsstoffen (Edukten) zuführen muss, damit eine bestimmte chemische Reaktion in nennenswertem Umfang überhaupt beginnen und die Endprodukte (Produkte) bilden kann. Da sie zuerst zugeführt werden muss, kann man die Aktivierungsenergie alternativ auch als Barriere betrachten, die ein spontanes Ablaufen einer chemischen Reaktion verhindert. Oder als Hürde und die Höhe der Aktivierungsenergie als die Höhe des zu überwindenden Hindernisses. (3 Punkte)
  • Enzyme sind Biokatalysatoren (von Lebewesen hergestellte Katalysatoren), die chemische Reaktionen beschleunigen und lenken, weil sie die sonst für das Erreichen energiereicher Übergangszustände erforderlichen Aktivierungsenergien reduzieren, indem sie selbst oder ihre Cofaktoren vorbübergehend mit ihren Substraten chemisch reagieren, sodass von mehreren möglichen Zwischenprodukten nur eines entsteht, welches anschließend zu nur einem Produkt weiterreagiert, wobei das Enzym in seinen ursprünglichen Zustand zurückkehrt. (3 Punkte)

II.F. (5 Punkte):

  • Enzym-Substrat-Komplex nennt man die vorübergehende Verbindung eines Enzyms mit seinem Substrat.
  • Substratspezifität nennt man die Eigenschaft der meisten Enzyme, dem Schlüssel-Schloss-Prinzip entsprechend an ihren aktiven Zentren nur ein Substrat (oder wenige sehr ähnliche) zu binden und reagieren zu lassen.
  • Wirkungsspezifität heißt die Eigenschaft der Enzyme, von mehreren dem Substrat möglichen nur eine ganz bestimmte chemische Reaktion zu beschleunigen.

II.G. Die energetische Kopplung ermöglicht das Ablaufen energetisch ungünstiger chemischer Reaktionen, indem diese mit energetisch günstigen verknüpft werden. Das kann durch direkte Übertragung von Energie erfolgen oder durch die Übertragung energiereicher chemischer Bindungen. (4 Punkte)

3

Substratspezifität

Material 3:
Im Cytoplasma unserer Zellen enthalten die Ribosomen eine ribosomale RNA (28S-rRNA), die zu den sogenannten Ribozymen gehört. Das sind RNAs, die genau wie viele Proteine als Enzyme wirken. Die 28S-rRNA katalysiert während der Translation genannten Protein-Entstehung die Verknüpfung zweier Aminosäuren über eine Peptidbindung. Aufgrund dieser Funktion nennt man sie auch Peptidyltransferase.

III.A. Lies Material 3 und versuche zu erklären, was diese für Dich neue Information im Hinblick auf die Substratspezifität von Enzymen bedeutet!

III.A. 2 Punkte - Diese Aufgabe des Anforderungsbereichs 3 erwies sich als zu schwierig für Lernende der Einführungsstufe. Sie sind einfach noch nicht bzw. nicht mehr ausreichend vertraut mit der Translation und rechnen nach einem Halbjahr mit dem Thema Enzyme nicht mit einem Rückgriff auf Genetik und Zellbiologie.
    Das aus RNA (28S-rRNA) bestehende Enzym hilft beim Aufbau von Proteinen, indem es 20 unterschiedliche Aminosäuren als Substrate akzeptiert und zu langen Aminosäureketten (Peptiden) verknüpft. Im Hinblick auf die Substratspezifität bedeutet das:
  • Weil unsere Proteine aus 20 verschiedenen Aminosäuren bestehen, muss die Peptidyltransferase 20 unterschiedliche Aminosäuren als Substrate akzeptieren.
  • Das bedeutet eine Einschränkung der Substratspezifität.
  • Die ist notwendig, weil wir nicht für jede mögliche Kombination von zwei Aminosäuren (20x20=400) ein eigenes Enzym haben können.
  • Um so unterschiedliche Aminosäuren als Substrate akzeptieren zu können, muss die 28S-rRNA die verschiedenen Aminosäuren genau da binden, wo sie alle gleich sind. Und sie wird dabei unterstützt durch die tRNAs, welche die jeweils gerade benötigte Aminosäure anreichen.
4

Einflüsse von Temperatur und pH-Wert auf die Enzymaktivität

Material 4:
Enzymaktivität in Abhängigkeit vom pH

  • IV.A. Skizziere ein Diagramm 4 zur Darstellung der Temperaturabhängigkeit menschlicher Enzyme!
  • IV.B. Erkläre im Detail die Form des Kurvenverlaufs von ganz tiefen bis zu hohen und zurück zu ganz tiefen Temperaturen!
  • IV.C. Skizziere mit Pfeilen, welche Teile der Kurve reversibel bzw. irreversibel sind!
  • IV.D. Entwickle eine Hypothese zur Erklärung des Unterschieds zwischen der bei allen menschlichen Enzymen nahezu gleichen Temperaturabhängigkeit und der in Material 4 gezeigten Unterschiedlichkeit der pH-Abhängigkeiten!

IV.A. Diagramm 4 (7 Punkte): Ich habe die Beschriftungen reversibel, irreversibel und denaturiert als Zusatzpunkte akzeptiert, aber die von Aufgabe IV.C verlangten Pfeile reichten eigentlich aus.
Temperaturzyklus

IV.B. Gemäß der RGT-Regel (Reaktionsgeschwindigkeit-Temperatur-Regel) bewirkt eine Temperaturzunahme um 10°C eine Steigerung der Reaktionsgeschwindigkeiten chemischer Reaktionen auf das Doppelte bis Dreifache. Erwärmung lässt also die Reaktionsgeschwindigkeit der chemischen Reaktion immer schneller zunehmen. Deswegen hängt die Kurve durch. Kurz vor Erreichen des Temperaturoptimums steigt der Reaktionsgeschwindkeit immer langsamer an, weil zwar die Substrate immer schneller kommen und sich die Produkte immer schneller entfernen, aber das Enzym durch die Wärmebewegung seiner Atome immer mehr die Struktur verliert. Oberhalb des Temperaturoptimums stabilisieren sich die Sekundarstrukten noch eine Weile gegenseitig und halten dadurch mit der Tertiärstruktur auch die Funktion einigermaßen aufrecht. Lösen sich aber die ersten Bindungen doch, dann folgen die übrigen immer schneller. Das Enzym denaturiert und verliert mit seiner Form auch die Funktion. Senkt man dann die Temperatur wieder ab, dann bleiben die allermeisten Enzym inaktiv, weil sie in ihre funktionelle Form nicht mehr finden. (12 Punkte)

IV.C. (3 Punkte): Die Pfeile sieht man in Diagramm 4. Bei tiefen Temperaturen bewegen sich die Substrate nur langsam und Enzyme werden starr. Das macht die enzymkatalysierte chemische Reaktion sehr langsam, aber tiefe Temperaturen schaden weder Substraten noch Enzymen. Deshalb ist die Inaktivierung auch bei sehr niedrigen Temperaturen reversibel.

IV.D. (2 Punkte):

  • Im menschlichen Körper ist die Körpertemperatur immer und überall sehr ähnlich, während sich die pH-Werte verschiedener Organe stark unterscheiden.
  • Weil sich in der menschlichen Evolution nur Menschen mit optimal an ihre jeweiligen Arbeitsumgebungen angepassten Enzymen durchgesetzt haben, besitzen menschliche Enzyme sehr ähnliche Temperaturoptima, aber sehr unterschiedliche pH-Optima.

5

Homöostase und die Regulation der Stoffwechselwege

  • V.A. Definiere die Begriffe Homöostase, Stoffwechselweg und Schlüsselenzym!
  • V.B. Erkläre die Notwendigkeit der Regulation unserer Stoffwechselwege!
  • V.C. Erkläre die Unterschiede zwischen a) reversibler und irreversibler, b) isosterischer und allosterischer, c) Aktivierung und Inhibition!
  • V.D. Nenne zwei Ebenen, auf denen Stoffwechselwege kurz- bzw. langfristig ausgeschaltet oder erst bei Bedarf aktiviert werden können!
  • V.E. Skizziere mit jeweils einer Zeichnung eine kompetitive und eine nichtkompetitive Hemmung eines Enzyms und nenne wesentliche Unterschiede!
  • V.F. Skizziere in Dein Diagramm 3 noch die Kurven für eine reversible und eine irreversible kompetitive Hemmung!
  • V.G. Erkläre den Zweck der Zellatmung!
  • V.H. Entwickle eine Hypothese zur Erklärung der Möglichkeit einer irreversiblen, isosterischen und nicht kompetitiven Aktivierung!

V.A. (7 Punkte):

  • Die Stabilisierung der Faktoren des inneren Milieus eines Lebewesens durch aktive Regulation nennt man Homöostase.
  • Stoffwechselweg nennt man eine Abfolge mehrerer enzymatisch katalysierter chemischer Reaktionen durch eine Reihe von Enzymen.
  • Schlüsselenzym nennt man ein in seiner Aktivität reguliertes Enzym am Anfang eines Stoffwechselweges, von wo aus es den gesamten Stoffwechselweg kontrolliert.

V.B. Würden unsere Stoffwechselwege nicht reguliert, dann würden Energie und Material verschwendet für die Produktion überfüssiger oder sogar schädlicher Zwischenprodukte. Es könnten sogar gerade erst synthetisierte Produkte direkt wieder abgebaut werden. Auch könnten gebrauchte Stoffe nicht gebildet oder Substrate nicht genutzt werden. Außerdem wären dann alle Zellen gleich. (4 Punkte)

V.C. (6 Punkte):

  1. Reversibel heißt umkehrbar, irreversibel bedeutet unumkehrbar.
  2. Isosterisch heißt am selben Ort, allosterisch an einem anderen Ort.
  3. Aktivierung steigert die Reaktionsgeschwindigkeit, Inhibition reduziert sie.

V.D. (2 Punkte):

  • Stoffwechselwege werden längerfristig reguliert, indem (beispielsweise durch Substratinduktion oder Endprodukthemmung) die Gene für die Enzyme aktiviert oder blockiert werden.
  • Kurzfristig wird die Aktivität der Enzyme durch Effektoren reguliert.

V.E. Nur um die kompetitive Inhibition verständlicher zu machen, zeigt die folgende Skizze 3 Situationen. In der Klausur hätte die Zeichnung ganz rechts völlig ausgereicht, um eine kompetitive Inhibition darzustellen. Weiter unten bei der zeichnerischen Darstellung der nichtkompetitiven Inhibition hätte die Zeichnung unten links ausgereicht. (4 Punkte):
kompetitive Inhibition

  • Nur bei der kompetitiven Hemmung wird die Bindung des Substrates durch den Inhibitor gestört.
  • Nichtkompetitive Inhibitoren behindern stattdessen die Katalyse der chemischen Reaktion.
  • Normalerweise binden kompetitive Inhibitoren am aktiven Zentrum, nichtkompetitive Inhibitoren hingegen an einem allosterischen Zentrum.
  • Im Gegensatz zu nichtkompetitiven Inhibitoren kann die Wirkung eines kompetitiven Inhibitors durch ein großes Überangebot an Substraten nahezu aufgehoben werden.
nichtkompetitive Inhibition

V.F. (2 Punkte):
kompetitive Inhibition

V.G. Die Zellatmung dient dazu, die während der Fotosynthese in chemischen Bindungen energiereicher Moleküle wie Glucose gespeicherte chemische Energie in den universellen Energieträger ATP zu überführen. Damit das möglichst effizient gelingt, werden in den Zellen die energiereichen Moleküle schrittweise und am Ende mit Hilfe von Sauerstoff oxidiert, sodass schließlich die energiearmen Moleküle Kohlenstoffdioxid und Wasser entstehen. (3 Punkte)

V.H. (4 Punkte):

  • Ein Metallion oder kleines Molekül könnte kovalent und damit irreversibel
  • im aktiven Zentrum und damit isosterisch so binden,
  • dass es nicht-kompetitiv die Bindung der Substrate nicht stört,
  • gleichzeitig aber die Form des Enzyms so verändert, dass es schneller arbeitet und damit aktiviert ist.

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