Human Reproduction 1994 Oct; 9(10): 1792-6; discussion 1797-800

Roland Heynkes, 28.4.2004

Gliederung

bibliographische Angaben
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Lacey,R.W.; Dealler,S.F. - Vertical transfer of prion disease - Human Reproduction 1994 Oct; 9(10): 1792-6; discussion 1797-800

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Die Autoren behaupten, die Zahl der Creutzfeldt-Jakob-Erkrankungen habe von jährlich etwa 5 Fällen in England und Wales der 60er und frühen 70er Jahre auf etwa 60 Fälle in ganz Großbritannien 1992 zugenommen. Da die höhere Zahl jedoch dem langjährigen internationalen Standard entspricht, können die früheren Zahlen auf eine höhere Dunkelziffer zurückzuführen sein.

Die Autoren erklären die Vermehrung mit einer Induktion der Produktion zellulärer Prionproteine und einer anschließenden katalytischen Umwandlung durch die infektiöse Form. Entsprechende Forschungen fanden jedoch keine verstärkte Produktion normaler Prionproteine, sondern lediglich die Umwandlung der vorhandenen normalen.

Als starken Hinweis auf einen vertikalen Transfer werten die Autoren einen Fall in Mittel-Ulster, wo ein 1987 aus England importierter Bulle sechsjährig am 6.12.93 an BSE starb. Einer seiner 60 Nachkommen wurde im August 1992 geboren, zeigte ab Herbst 1993 BSE-Symptome und wurde am 10.2.94 getötet. Das Testergebnis stand bei Redaktionsschluß noch nicht fest, aber die Autoren rechneten wegen des Alters des Tieres nicht mit einer Bestätigung. Dafür halten sie aber eine Übertragung von BSE über den Samen für möglich. Eine sehr gewagte These. Seit 1990 soll von 6 Fällen spongiform Enzephalopathien bei Kudu im Londoner Zoo nur einer auf Futtermittel zurückzuführen sein. Bei den anderen gehen sie von vertikaler oder horizontaler Übertragung, aus.

Die Autoren berichten außerdem von einer japanischen Gruppe, die Erreger in der Plazenta, in Kolostrum sowie Leukozyten-gebunden in der Nabelschnur einer Creutzfeldt-Jakob-Patientin nach der Entbindung gefunden haben wollen.

Die Autoren verurteilen zu Recht die verantwortungslose Behauptung aus der britischen Regierung von 1989, eine Übertragung von BSE auf andere Tierarten und besonders auf Menschen sei aufgrund bisheriger Erkenntnisse unwahrscheinlich. Sie zählen auf, daß per Fütterung oder Infektion BSE auf Rinder, Schweine, Affen, Ziegen, Schafe, Mäuse und Nerze übertragen wurde. Nur bei Goldhamstern gelang dies bis dahin nicht. Sie sehen daher keinen Grund zu der Annahme, daß BSE nicht auf Menschen übertragen werden könnte.

Weil infizierte Rinder jahrelang uneingeschränkt und anschließend noch nach Entfernung der mutmaßlich gefährlichsten Organe Gehirn, Rückenmark, Milz, Thymus, Darm und Mandeln verzehrt wurden, rechnen die Autoren mit einer Infizierung großer Teile der englischen Gesellschaft. Sie kritisieren besonders die Herstellung von Gelatine aus Knochen infizierter Rinder und warnen vor einer Verbreitung der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit durch Bluttransfusionen, Organtransplantationen, kontaminierte Medikamente und Geräte. Zumindest hinsichtlich der BSE-Sicherheit von Gelatine muß man diese Sorge inzwischen aber nicht mehr haben.

Merkwürdigerweise halten sie die Erkrankung zweier Farmer an der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit für statistisch hochsignifikant und das Kochen von Fleisch für wenig wirkungsvoll. Sie meinen in England eine Zunahme der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit beobachten zu können und rechnen in den nächsten Jahrzehnten mit einer großen Anzahl von Toten.

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