Veterinary Record 1996 Jun 8; 138(23): 559-62

Roland Heynkes, 9.5.2001 (aktualisiert am 17.5.2001)

Gliederung

bibliographische Angaben
meine Zusammenfassung des Artikels
Literaturliste

bibliographische Angaben

Foster,J.D.; Hunter,N.; Williams,A.; Mylne,M.J.A.; Mckelvey,W.A.C.; Hope,J.; Fraser,H.; Bostock,C. - Observations on the transmission of scrapie in experiments using embryo-transfer - Veterinary Record 1996 Jun 8; 138(23): 559-62

meine Zusammenfassung des Artikels

Nachtrag zum in [AEDB] publizierten ersten Experiment:

6 seit 6 Monaten mit dem Scrapiestamm SSBP/1 infizierten Schafen wurden 6 Tage nach einer künstlichen Befruchtung insgesamt 37 Embryonen entnommen und nicht gewaschen. Diese wurden von 16 relativ scrapieresistenten Schafen (1x sApA, 15x pApA) ausgetragen, aber nur 26 Embryonen überlebten bis zur Geburt. Während alle 6 genetischen Mütter an Scrapie erkrankten, blieben alle 16 Ammenmütter gesund. Von den 26 Lämmern starben im ersten Jahr 6 aus anderen Gründen. Von den restlichen 20 Nachkommen erkrankten zunächst 6 besonders empfängliche Tiere mit dem Genotyp sAsA an Scrapie und wurden nach 751, 774, 777, 782, 783 bzw. 979 Tagen getötet. Nach 1006 bzw. 1270 Tagen wurden auch zwei an Scrapie erkrankte Nachkommen mit dem Sip-Genotyp sApA getötet und die Scrapie-Diagnose wurde histopathologisch bestätigt. Zwei weitere Nachkommen mit dem Sip-Genotyp sApA mußten ohne Scrapie-Symptome wegen Stoffwechselerkrankungen nach 988 bzw. 1013 Tagen getötet werden und reagierten im Western blot PrPsc-positiv. Insgesamt waren also mindestens 10 von 20 Nachkommen scrapieinfizierter Schafe infiziert, obwohl sie seit dem 6-Tage-Embryonalstadium von nicht infizierten Schafen ausgetragen wurden. Dieses Ergebnis scheint sehr eindeutig zu sein, aber in der Schafherde dieser britischen Forschungseinrichtung erkrankten auch ohne künstliche Infektion rund 1-3% der Tiere an Scrapie. Deshalb hätte man das Experiment eigentlich mit einer Negativkontrolle durchführen müssen, obwohl sich der für experimentelle Infektionen verwendete Scrapiestamm klinisch und histopathologisch von dem natürlich in dieser Herde vorkommenden Scrapiestamm unterscheiden läßt. Bei einem Folgeexperiment wurde dies nachgeholt.

Experimentelle Details des zweiten Experimentes:

Drei 2000-2400 Tage alte, nicht scrapieinfizierte Sip-sApA Schafe wurden künstlich befruchtet, um ihnen 15 Embryonen zu entnehmen. Man nahm so alte Tiere, weil alle bis dahin in der Herde aufgetretenen "sporadischen" Scrapie-Fälle mindestens etwa 2 Jahre jünger waren.

Drei Sip-sApA- und 3 Sip-pApA-Schafe wurden im Alter von rund 300 Tagen subkutan mit dem Scrapieerregerstamm SSBP/1 inokuliert. 246 Tage danach wurden ihnen Embryonen entnommen. Die 3 sApA-Schafe entwickelten Scrapie nach 310, 311 bzw. 342 Tagen, 60-100 Tage nach der Gewinnung der Embryonen mit für subkutane Inokulation mit dem Scrapieerregerstamm SSBP/1 typischen Schädigungsmustern. Die 3 pApA-Schafe waren 1920 Tage nach der Inokulation immer noch gesund. Für die künstliche Befruchtung wurden zwei gesunde und nicht experimentell infizierte 548 bzw. 546 Tage alte sAsA-Schafsböcke verwendet, die allerdings 236 bzw. 287 Tage danach an dem in der Institutsherde vorkommenden Scrapiestamm erkrankten.

Ausgetragen wurden die Embryonen von 2000-3100 Tage alten und nicht experimentell infizierten Sip-pApA-Schafen, welche sehr scrapieresistent sind. Keines dieser Schafe erkrankte an Scrapie. Die Empfängerschafe mit Embryonen von infizierten Müttern und die Empfängerschafe mit Embryonen von nicht infizierten Müttern wurden getrennt von einander auf neu eingesähten und doppelt umzäunten Weiden gehalten, auf denen nie gebärende oder experimentell infizierte Schafe geweidet hatten. 3-4 Tage vor dem Lammen wurden die Empfängerschafe in einen gründlich desinfizierten Schuppen gebracht, wobei die beiden Gruppen 1,5 Meter voneinander getrennt blieben. Unmittelbar vor der Geburt kamen die Tiere in jeweils gründlich desinfizierte Einzelboxen, in denen sie bis 2 Tage nach der Geburt der Lämmer mit diesen zusammen blieben. Danach blieben die Muttertiere mit den Lämmern noch mindestens 3 Wochen zusammen mit ihren jeweiligen Gruppen in dem Stall, bevor man sie auf ihre Weiden zurück brachte. Als Zusatzfutter erhielten alle Tiere dieser Studie nur Heu.

Ergebnisse des zum Zeitpunkt der Publikation noch laufenden Experimentes:

Altersverteilung (in Tagen) bei wegen Scrapie getöteten bzw. noch lebenden (Zahlen in Klammern) Nachkommen
Sip-Typen der Nachkommen nicht inokulierte sApA-Mütter erkrankte, inokulierte sApA-Mütter nicht erkrankte, inokulierte pApA-Mütter
sAsA gewaschen 860, 1000, (1527,1527) 803,884,1267 keine
sAsA ungewaschen 778, 886, 888, 888 769, (1527) keine
sApA gewaschen (3 x 1527) (1527) (1527)
sApA ungewaschen (4 x 1527) (1527) (1527)

Die durch Embryotransfer gewonnenen und später an Scrapie erkrankten Nachkommen wiesen Schädigungsmuster auf, die auf den sich natürlich in der Herde ausbreitenden Erregerstamm hinwiesen.

Interpretation der Daten:

Mit 6 von 8 waren die genetischen Nachkommen der alten, nicht experimentell infizierten sApA-Schafe etwa ebenso häufig scrapieinfiziert, wie die genetischen Nachkommen der jungen, experimentell infizierten sApA-Schafe mit 4 von 5. Wo aber auch fast alle Nachkommen nicht infizierter Muttertiere erkranken, da kann man selbstverständlich keine maternale Scrapieübertragung beobachten. Insofern sprechen die Resultate dieses Experimentes erstmal weder für, noch gegen maternale Scrapieübertragung.

Entscheidend war in diesem Experiment bis zum Zeitpunkt der Publikation ausschließlich der Genotyp der Nachkommen, denn alle sApA-Nachkommen lebten noch. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu wissen, daß die sApA-Schafe resistent gegen den frei in der Herde verbreiteten, nicht aber gegen den experimentell eingesetzten Erregerstamm SSBP/1 sind und daß die Schädigungsmuster nicht auf den SSBP/1-Erregerstamm hinweisen. Zusammengenommen bedeutet dies, daß zumindest keine maternale Übertragung vom Muttertier auf den bis zu 6 Tage alten Embryo beobachtet wurde.

Angesichts dieser Schwäche des experimentellen Designs konnte natürlich auch kein Effekt des Waschens vor der Übertragung von Embryonen festgestellt werden. Für mich unverständlich folgern dennoch die Autoren aus ihren Daten, daß das Waschen wahrscheinlich keinen wesentlichen Schutzeffekt habe.

Während seit 1990 alle nicht experimentell infizierten sAsA-Schafe der Versuchsherde spätestens nach 971 Tagen an Scrapie erkrankten, haben im zweiten Experiment 3 von 13 Tieren zumindest die ersten 1527 Tage überlebt und davon stammte eines sogar von einer infizierten Mutter. Die besonderen experimentellen Bedingungen haben also einen oder mehrere vertikale und/oder horizontale Übertragungswege zumindest partiell blockiert. Man kann aber nicht sagen, welche das sind. In Frage kämen folgende:

Andererseits muß man sich fragen, warum trotz strikter Schutzmaßnahmen so viele Nachkommen nicht experimentell infizierter Mütter erkrankten.

Insgesamt gibt dieses Experiment also leider keine einzige wirkliche Antwort, aber es wirft immerhin interessante Fragen auf.

Literaturliste

AEDB . Foster,J.D.; McKelvey,W.A.; Mylne,M.J.; Williams,A.; Hunter,N.; Hope,J.; Fraser,H. - Studies on maternal transmission of scrapie in sheep by embryo transfer - Veterinary Record 1992 Apr 18; 130(16): 341-3

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