Journal of Biological Chemistry 2004 Apr 16; 279(16): 16797-804

Roland Heynkes, 28.5.2004

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Notari,S.; Capellari,S.; Giese,A.; Westner,I.; Baruzzi,A.; Ghetti,B.; Gambetti,P.; Kretzschmar,H.A.; Parchi,P. - Effects of different experimental conditions on the PrPsc core generated by protease digestion: implications for strain typing and molecular classification of CJD. - Journal of Biological Chemistry 2004 Apr 16; 279(16): 16797-804

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Die Oktapeptid-Region am Aminoterminus des Prionproteins ändert ihre Form durch die Bindung von Kupfer-Ionen, welche wiederum abhängig vom pH-Wert ist. Unter anderem aus diesem Grund könnten neben tatsächlich stammbedingten Unterschieden auch die konkreten physikalischen und chemischen Bedingungen während der Isolation des PrPsc bis zum fertigen Western blot zu unterschiedlichen Bandenmustern führen. Abgesehen von feineren und außerdem widersprüchlichen Unterschieden fand man aber bisher nur 2 im gewöhnlichen Western blot zweifelsfrei unterschiedliche Typen von PrPsc, denen 5 bekannte und in erster Linie vom Genotyp im Codon 129 des Prionprotein-Gens bestimmte Typen sporadischer CJK gegenüber gestellt werden können. Deshalb stellt sich die Frage, ob die bei sporadischen CJK-Fällen beobachteten Unterschiede nur von der genetischen Ausstattung der Betroffenen abhängt, oder ob es da auch verschiedene Erregerstämme gibt. Außerdem fragten sich die Autoren, ob die 5 beobachteten Phänotypen nicht doch auch eindeutig bestimmten molekularen Signaturen zugeordnet werden können.

Zunächst mussten die Autoren aber die Widersprüche publizierter Beobachtungen klären und echte von scheinbaren Unterschieden trennen. Zu diesem Zweck verdreifachten sie zunächst die Länge ihrer Gele und erreichten tatsächlich eine feinere Auflösung. So konnten Sie erkennen, daß PrPsc vom Typ 1 von Valin-homozygoten Patienten deutlich anders als Typ1-PrPsc von Methionin-homozygoten und heterozygoten lief. Auch Typ2-PrPsc von heterozygoten Patienten mit Kuru-Plaques unterschied sich deutlich von Typ2-PrPsc von homozygoten Patienten.

Die Autoren verwendeten Proben von 75 Patienten mit sporadischer CJK und von 4 Patienten mit der neuen Variante. Unter den Proben von Patienten mit dem PrPsc vom Typ 1 stellten die Autoren eine größere Heterogenität der Bandenmuster fest, wenn bei der Homogenisierung der Hirnproben ein Lysis-Puffer mit dem pH-Wert 7,4 anstatt 8,0 verwendet wurde. Daraufhin maßen die Autoren die tatsächlichen pH-Werte der Homogenate und stellten überrascht eine pH-Bandbreite von 6,48-7,46 fest. Derart unterschiedliche pH-Werte fand man nicht nur zwischen verschiedenen Gehirnen, sondern auch zwischen verschiedenen Regionen des selben Gehirnes. Die Autoren fanden einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem pH-Wert des Homogenates und dem Bandenmuster im Western blot. Das bedeutet natürlich, daß der genaue Ort der Probennahme das anschließend im Western blot gefundene Bandenmuster maßgeblich beeinflussen und unterschiedliche Erregerstämme vortäuschen kann.

Einen sehr ähnlichen Effekt wie zu niedrige pH-Werte hatten auch zu niedrige Konzentrationen der Proteinase K. Anscheinend bekommt man einfach zusätzliche Banden durch unvollständiges Abknabbern der Enden des Prionproteins an den am wenigsten proteaseresistenten, potentiellen Schnittstellen des Prionproteins.

Auch andere Proteasen zeigten eine deutliche Abhängigkeit der produzierten Fragmente vom pH-Wert. Der Effekt des pH-Wertes auf die scheinbare Molekularmasse des PrPsc war aber nicht nur bedingt durch dessen Einfluß auf die Aktivität der Proteinase K.

Außer niedrigen pH-Werten beeinträchtigten auch die Detergentien Sarkosyl (1%) und Deoxycholat (5%) die Aktivität der Proteinase K. Deren genaue Reaktionsbedingunen sind also sehr wichtig für die Stamm-Typisierung durch Western blots. Insbesondere ist künftig auf ausreichende Pufferkapazitäten zu achten, damit die Ergebnisse nicht durch unterschiedliche pH-Werte der Hirngewebe beeinflusst werden.

Durch Anwendung der Proteinase K in unterschiedlichen Konzentrationen bei wirklich gleichen pH-Werten und Detergens-Konzentrationen untersuchten die Autoren auch die Frage, ob das PrPsc verschiedener Patienten vielleicht unterschiedlich proteaseresistent ist. Und in der Tat war genau dies der Fall. Als besonders proteaseresistent erwiesen sich das PrPsc von Valin-homozygoten Patienten mit Typ2-CJK und das PrPsc von Methionin-homozygoten Patienten mit der neuen Variante, während das PrPsc von Valin-homozygoten Patienten mit Typ1-CJK durch Proteinase K besonders effektiv abgebaut wurde.

Die Autoren erwähnen zwei Studien [38,39], in denen gezeigt wurde, daß der pH-Wert in menschlichen Gehirnen nach dem Tod sinkt und daß diese postmortale Versauerung mit dem Alter des Patienten zunimmt. Dies könnte deshalb interessant sein, weil die abweichenden Befunde bei italienischen [APXV] und französischen [APUA] BSE-Rindern bei besonders alten Tieren erhoben wurden, während der abweichende japanische [APRW] BSE-Fall extrem jung war.

Bedauerlich finde ich die Bemerkung des Autoren, man habe vielleicht in der Vergangenheit Risikofaktoren übersehen, weil man die sporadischen CJK-Fälle irrtümlich als nur eine einheitliche Gruppe betrachtet habe. Mir ist das völlig unverständlich, weil die unterschiedlichen Varianten schon lange bekannt waren und ich insbesondere im Hinblick auf die irreführende Bezeichnung der neuen Variante immer wieder auf diese Vielfalt hingewiesen habe.

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APUA . Biacabe,A.-G.; Laplanche,J.-L.; Ryder,S.; Baron,T.G. - Distinct molecular phenotypes in bovine prion diseases - EMBO Reports 2004 Jan; 5(1): 110-115

APXV . Casalone,C.; Zanusso,G.; Acutis,P.; Ferrari,S.; Capucci,L.; Tagliavini,F.; Monaco,S.; Caramelli,M. - Identification of a second bovine amyloidotic spongiform encephalopathy: Molecular similarities with sporadic Creutzfeldt-Jakob disease. - Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 2004 Mar 2; 101(9): 3065-70

39 . Harrison,P.J.; Heath,P.R.; Eastwood,S.L.; Burnet,P.W.; McDonald,B.; Pearson,R.C. - The relative importance of premortem acidosis and postmortem interval for human brain gene expression studies: selective mRNA vulnerability and comparison with their encoded proteins. - Neuroscience Letters 1995 Nov 24; 200(3): 151-4

APRW . Yamakawa,Y.; Hagiwara,K.; Nohtomi,K.; Nakamura,Y.; Nishijima,M.; Higuchi,Y.; Sato,Y.; Sata,T. - Expert Committee for BSE Diagnosis, Ministry of Health, Labour and Welfare of Japan - Atypical proteinase K-resistant prion protein (PrPres) observed in an apparently healthy 23-month-old Holstein steer - Japanese Journal of Infectious Diseases 2003 Oct-Dec; 56(5-6): 221-2

38 . Yates,C.M.; Butterworth,J.; Tennant,M.C.; Gordon,A. - Enzyme activities in relation to pH and lactate in postmortem brain in Alzheimer-type and other dementias - Journal of Neurochemistry 1990 Nov; 55: 1624–30

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