Journal of Food Protection 2000 Feb; 63(2): 258-63

Roland Heynkes, 1.5.2004

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Lücker,E.H.; Eigenbrodt,E.; Wenisch,S.; Leiser,R.; Bülte,M. - Identification of central nervous system tissue in retail meat products - Journal of Food Protection 2000 Feb; 63(2): 258-63

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Angesichts der ersten Fälle von neuer Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (nvCJK) halten die Autoren die Verwendung zentralnervösen Gewebes in Fleischprodukten inzwischen für nicht akzeptabel, auch wenn in einem Land momentan keine BSE-Fälle gefunden werden. Sie sehen auch drastische Änderungen in den Erwartungen der Verbraucher und auch in der Lebensmittelproduktion, hielten aber einen Test zur Überwachung der Produktion für notwendig. Sie benutzten für ein schnelles und preiswertes Vorscreening einen bereits vom BgVV beschriebenen Test-kit für die Bestimmung des Cholesteringehaltes von Lebensmitteln. Das Cholesterin wurde unter Erhitzen zunächst mit methanolischer Kaliumhydroxydlösung und danach mit Isopropanol aus den Proben extrahiert. Die Mengenbestimmung erfolgte mit einem Test von Roche/Boehringer. Damit lassen sich schon Beimischungen von 0,5-2% Hirnmaterial in Fleischprodukten erkennen, wenn es keine andere Cholesterinquelle wie Leber oder Eigelb gibt. Zur Überprüfung von Proben mit verdächtig hohen Cholesteringehalten wurden Proben homogenisiert und mit einem Tris-Harnstoff wurden die Proteine heraus extrahiert, um sie in einem SDS-Polyacrylamid zu trennen. Beim Inhalt von Würstchen des gekochten Geltyps wurde vorher zur Steigerung der Sensitivität eine Fett-Extraktion mit Petroleum und Ether durchgeführt. Nach der Übertragung der Proteinbanden auf eine Membran, wurden die Western blots mit monoklonalen Antikörpern der Firma Dako gegen die Neuronen-spezifische Enolase (gamma-gamma-Enolase oder 14-3-2-Protein) oder monoklonalen Antikörpern von Roche/Boehringer und Camon gegen das glial fibrillary acidic protein (GFAP) hybridisiert. Mit dem Enolase-Test konnten sie bereits Beimischungen von 0,25% Hirngewebe in Testwürsten nachweisen. Die Expression des spezifisch von Astrogliazellen exprimierte glial fibrillary acidic protein GFAP ist bei einer TSE-typischen Astrogliose gesteigert. GFAP aus frischen Gehirnen liefert eine einzelne Bande bei 50 kDa, während GFAP aus bereits eine Weile toten Gehirnen 8 verschieden große Abbauprodukte aufweist. Mit monoklonalen Antikörpern gegen das GFAP wurden die hirntypischen Astrogliazellen auch immunhistochemisch in Wurstmaterial nachgewiesen. Standardwürste mit definierten Hirnbeimischungen von 0,0%, 0,5%, 1,0%, 2,0% bzw. 4,0% wurden selbst hergestellt.

Untersucht wurden insgesamt 402 Proben aus Geschäften in Gießen, Frankfurt und Karlsruhe. Davon waren 114 Leberwürste mit 10-35% Leber, 108 vom erhitzten Kochtyp (Mettwurst) oder Sülztyp (Presswurst), 102 vom gekochten Brühwursttyp (Frankfurter Würstchen), 57 Blutwürste (mit mehr als 10% Blutanteil) und 21 andere hitzebehandelte Fleischprodukte wie Hamburger und Markklößchen. Die Cholesteringehalte der Leberwürste lagen bei durchschnittlich 163 mg/100 g, maximal (ohne Hirnbeigabe) bei 201 mg/100 g Wurst. Bei den übrigen Fleischwaren lagen sie zwischen 87 und 116 mg / 100 g , maximal (ohne Hirnbeigabe) bei 128 mg/100 g. Der Grund für diesen Unterschied ist der mit 300 mg / 100 g recht hohe Cholesteringehalt der Leber. Aber die Cholesteringehalte von 16 der 402 Proben fielen weit in Richtung höherer Werte aus den glockenförmigen Verteilungskurven heraus. Diese Proben wurden per Western blot mit monoklonalen Antikörpern gegen die Neuronen-spezifische Enolase und GFAP nachuntersucht. Bei 7 der 16 Proben wurden erhöhte Konzentrationen von Neuronen-spezifischer Enolase und GFAP nachgewiesen. Dabei handelte es sich um eine Mettwurst und eine gekochte Mettwurst mittlerer Qualität, sowie um 5 Leberwürste hoher (3) bzw. mittlerer (2) Qualität. Bei Blutwurst und vier Presswürsten hatten die Cholesterinkonzentrationen nur knapp über dem vielleicht etwas zu niedrigen Grenzwert gelegen. Vielleicht erklärt dies die negativen Resultate der NSE- und GFAP-Tests. Bei einer Mettwurst, einem Markklößchen und zwei Qualitätsleberwürsten könnte eine intensive Erhitzung die Ursache sein. Hitzebehandlungen bei 100°C reduzierten in einem Kontrollexperiment tatsächlich zeitabhängig die Signalstärke. Erlaubt ist Hirnmaterial nur in Leberwurst geringer Qualität und wenigen traditionellen Leberwurstsorten mittlerer Qualität. Der Nachweis von Neuronen-spezifischer Enolase und GFAP beweist aber noch nicht, daß den Würsten wirklich Hirngewebe beigemischt wurde und eine Unterscheidung zwischen Rinderhirn und Schweinehirn ist auch nicht möglich. Bei einigen Negativkontrollen markierten monoklonale Antikörper gegen das GFAP bis zu zwei Banden. Zwar gab es bei den kontrollierten 16 Proben keine falsch positiven Ergebnisse, aber als wirklich zuverlässig kann man den GFAP-Nachweis noch nicht bezeichnen. Neu ist der GAFP-Nachweis von Hirngewebe in Fleischwaren übrigens nicht. Die Autoren zitieren einen solchen Test, der nur noch nicht mit gekochten Fleischwaren ausprobiert wurde.

Die Neuronen-spezifische Enolase ist nicht wirklich spezifisch für das Zentralnervensystem.

Sie wurde immunologisch auch in peripheren Nerven wie den dorsalen Spinalganglien und Ischiasnerven nachgewiesen [9]. Immunhistochemisch wurde sie auch in Haut-Axonen in Nervenbündeln, den Meissner-Druckrezeptoren und den Pacinian-Vibrationsrezeptoren nachgewiesen [2].

In normaler Leber wird die gamma-Enolase nur in Kupffer-Sternzellen und den Endothelzellen der weiten Blutkapillaren (Sinuside) exprimiert. Bei chronischen Leberkrankheiten wird jedoch die gamma-Enolase auch in Hepatozyten exprimiert [1].

Außerdem ist die Neuronen-spezifische Enolase ein bekannter Marker für Tumore [5] der Lunge [6], in Hoden [4,7], der Nieren [3] und der Haut [8].

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1 . Fukuda,Y.; Miyazawa,Y.; Imoto,M.; Koyama,Y.; Nakano,I.; Nagura,H.; Kato,K. - In situ distribution of enolase isozymes in chronic liver disease - American Journal of Gastroenterology 1989 Jun; 84(6): 601-5

2 . Hachisuka,H.; Sakamoto,F.; Mori,O.; Nomura,H.; Sasai,Y.; Nakamura,Y.; Uno,H. - Immunohistochemical demonstration of neuron specific enolase (NSE) on cutaneous nerves: comparative study using NSE and S-100 protein antibodies on denervated skin. - Acta Histochemica 1987; 81(2): 227-35

3 . Haimoto,H.; Takashi,M.; Koshikawa,T.; Asai,J.; Kato,K. - Enolase isozymes in renal tubules and renal cell carcinoma - American Journal of Pathology 1986 Sep; 124(3): 488-95

4 . Kang,J.L.; Meyts,E.R.; Skakkebaek,N.E. - Immunoreactive neuron-specific enolase (NSE) is expressed in testicular carcinoma-in-situ - Journal of Pathology 1996 Feb; 178(2): 161-5

5 . Pahlman,S.; Esscher,T.; Nilsson,K. - Expression of gamma-subunit of enolase, neuron-specific enolase, in human non-neuroendocrine tumors and derived cell lines - Laboratory Investigation 1986 May; 54(5): 554-60

6 . Seemann,M.D.; Beinert,T.; Furst,H.; Fink,U. - An evaluation of the tumour markers, carcinoembryonic antigen (CEA), cytokeratin marker (CYFRA 21-1) and neuron-specific enolase (NSE) in the differentiation of malignant from benign solitary pulmonary lesions - Lung Cancer 1999 Dec; 26(3): 149-55

7 . Takashi,M.; Haimoto,H.; Nagai,T.; Koshikawa,T.; Kato,K. - Enolase isozymes in seminoma - Urological Research 1990; 18(3): 175-80

8 . Ueno,H.; Asami,M.; Yoneda,R.; Ogura,M.; Muraoka,A.; Oribe,T.; Suzuki,K.; Maeda,M.; Chinzei,T.; Yamashiro,K.; et al. - A neuron-specific enolase (NSE) positive leiomyosarcoma - Gan No Rinsho. Japanese Journal of Cancer Clinics 1990 Dec; 36(15): 2616-22

9 . Vega,J.A.; Rodriguez,C.; Medina,M.; del Valle,M.E. - Neuron-specific enolase (NSE)-like and neurofilament protein (NFP)-like immunoreactivities in the rat dorsal root ganglia and sciatic nerve - Cell Mol Biol 1990; 36(5): 537-46

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