Dokumentation zur Entwicklung von wilden zu Hausfüchsen in wenigen Generationen (pdf)

Roland Heynkes, 25.6.2017

Gliederung

zum Text Informationsquellen
zum Text Das Fuchs-Domestizierungs-Experiment von Dmitrij Beljaew
zum Text Die Entdeckung der Gen-Regulation durch Stress-Hormone
zum Text geistige Fähigkeiten zahmer Füchse

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In diesem Hypertext fasse ich zusammen, was ich zum Thema Fuchs-Domestizierung in den Fernseh-Dokumentationen: "Jagdkumpane - Wie der Hund auf den Menschen kam", "Sitz, Platz, bei Fuß - Wie der Mensch Tiere zähmt" sowie: "Der verzauberte Fuchs" aus der Serie: "Welt der Tiere" gesehen habe. Bei YouTube kann man: "Jagdkumpane - Wie der Hund auf den Menschen kam" sehen. In der ARD-Mediathek findet man bis zum 3.9.2020 den Beitrag: "Die Silberfüchse von Nowosibirsk" aus der Sendung: "Sitz, Platz, bei Fuß - Wie der Mensch Tiere zähmt" der Wissenschafts-Serie: "W wie Wissen".

Das Fuchs-Domestizierungs-Experiment von Dmitrij Beljaew nach oben

Wenn sich Menschen dem Käfig eines gefangenen Fuchses nähern, dann legt das Wildtier die Ohren an, klemmt den Schwanz zwischen die Beine und verzieht sich in die hinterste Ecke. Kommt der Mensch noch näher, macht der Fuchs zischende Abwehrlaute und greift schließlich an. Mit solchen wilden Silberfüchsen aus Pelzfarmen begann der russische Biologe Dmitrij Beljaew 1959 in Sibirien als Leiter des Instituts für Zellbiologie und Genetik in Nowosibirsk zu arbeiten. Den Naturwissenschaftler interessierten die genetischen Grundlagen der Domestizierung von Wildtieren, aber Genetik war unter Stalin in der Sowjetunion verboten. Offiziell diente seine Forschung daher der Steigerung der Fuchspelzproduktion durch die Züchtung von Silberfüchsen, die auf die Anwesenheit von Menschen nicht gestresst reagieren. So konnte Beljaew mit voller Unterstüzung der Pelztierzüchter seine Hypothese überprüfen, dass wie bei der Entwicklung vom Wolf zum Hund vielleicht auch bei anderen Tierarten die Domestizierung die Fruchtbarkeit steigert.

Der Naturwissenschaftler begann sein Züchtungsexperiment mit etwa 100 Füchsen auf einen abgelegenen Bauernhof in Südostsibirien. Fortpflanzen durften sich nur die Füchse, die am wenigsten mit Stress auf die Nähe von Menschen reagierten. Erstaunlicherweise suchten schon die ersten Nachkommen der ausgewählten Zuchttiere von Geburt an die Nähe der Menschen. Obwohl Beljaew seine Zuchttiere ausschließlich aufgrund ihrer Zutraulichkeit auswählte, unterschieden sich die Nachkommen schon bald auch äußerlich von wilden Silberfüchsen. Nach nur vier Fuchs-Generationen gab es Fuchswelpen mit Schlappohren. Schon bald erhielt man zahme Füchse mit geschecktem Fell, Ringelschwänzen und etwas kleinerer Gestalt, die auf Menschen ähnlich wie Hunde mit Winseln und Schwanzwedeln reagierten. Damit hatte Beljajew gerechnet, denn schon Charles Darwin hatte beobachtet, dass Kleingliedrigkeit, Schlappohren und weiße Flecken bei vielen Haustierrassen von Hunden, Kühen, Pferden, Schweinen, Hühnern und sogar Goldfischen auftreten.

Heute lässt seine Doktorandin und Nachfolgerin Prof. Ludmila Trut sogar kleine Kinder unbesorgt mit vier Monate alten Nachfahren der einst wilden sibirischen Silberfüchse spielen. Die zutraulichen Tiere begrüßen die Kinder mit freudigem Schwanzwedeln, schmiegen sich an wie Katzen und Hunde, lecken die Hände der Kinder und lassen sich geduldig herumtragen. Zahme Füchse hören sogar auf ihre Namen. Sie sind sehr anhänglich und scheinen jeden Menschen als einen potenziellen Freund zu empfinden.

Die Entdeckung der Gen-Regulation durch Stress-Hormone nach oben

Auf der Suche nach einer gemeinsamen Ursache für Zahmheit und die körperlichen Veränderungen entdeckte Beljaew, dass die zahmen Füchse deutlich niedrigere Konzentrationen des Stress-Hormons Adrenalin im Blut aufwiesen. Weil das aber nur die Zahmheit erklärte, entwickelte er die Hypothese, dass es schlafende Gene geben könnte, die nur aktiv werden, wenn sie nicht durch Adrenalin blockiert werden. Heute weiß man, dass Adrenalin tatsächlich das Ablesen (Transkription) verschiedener Gene epigenetisch blockieren kann.

geistige Fähigkeiten zahmer Füchse nach oben

Die Doktorandin Irina Muchametschina erforscht kognitive Fähigkeiten zahmer Füchse im Vergleich zu Hunden. Sie konnte bereits zeigen, dass domestizierte Füchse menschliche Fingerzeige und Blicke ähnlich gut wie Hunde verstehen. Die schlauen Füchse spielen gerne mit Hunden und tricksen diese aus. Gegenüber Menschen verhalten sich zahme Füchse ähnlich wie die fröhlichen und ausgeglichenen Golden Retriever. Im Gegensatz zum Rudeltier Hund und eher wie die Einzelgängerin Katze ordnen sich zahme Füchse den Menschen nicht bedingungslos unter und tun nur, was ihnen gefällt. Sie verstehen was Menschen von ihnen wollen, aber sie tun es nur gegen materielle Belohnung (Futter). Vielleicht haben deswegen schon die alten Ägypter ihre Versuche aufgegeben, Füchse als Haustiere zu halten.

Heute finden allerdings viele Menschen Füchse als Haustiere derart attraktiv, dass das Forschungsinstitut in Nowosibirsk mit dem Verkauf zahmer Füchse einen Teil seineren Forschung finanzieren kann. Zu diesem Zweck werden die Hausfüchse durch gemeinsames Spielen mit Kindern "sozialisiert".

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Roland Heynkes, CC BY-NC-SA 4.0