Dokumentation Wunderwelt Zelle (pdf)

Roland Heynkes, 21.8.2015, zuletzt ergänzt am 17.9.2022

Auf dieser Seite fasse ich zusammen, was ich in der Fernseh-Dokumentation: "Wunderwelt Zelle" gesehen habe. Wer sich den Film: "Wunderwelt Zelle" aus der Reihe: "total phänomenal" ansehen möchte, kann das bei YouTube tun. Informationen zum Inhalt der Sendung gibt es auf einer Internetseite von Planet Schule. Obwohl ich diesen Film sehr gut finde, fasse ich ihn trotzdem im Folgenden in einer mir für meinen Unterricht geeigneter erscheinenden Reihenfolge und mit eigenen Erklärungen zusammen und lasse weg, was wir nicht brauchen.

Der schwedische Fotograf Lennart Nilsson wurde berühmt mit seinen Bildern von der vorgeburtlichen Entwicklung des Menschen. Als alter Mann macht er Bilder vom Inneren unserer Zellen und hilft damit sogar erfahrenen Zellbiologen, ihre Forschungsobjekte besser zu verstehen. Aus unzähligen elektronenmikroskopischen Aufnahmen konnte man realistische Computeranimationen über Vorgänge im Inneren einer Zelle produzieren. Sie helfen auch uns, Zellen viel besser zu verstehen, als es mit gedruckten Büchern möglich wäre.

Wir haben in unserem Körper über 200 verschiedene Zellarten für unterschiedliche Aufgaben. Als Beispiele sahen wir die Lichtsinneszellen und Nervenzellen der Netzhaut sowie die schwingenden Härchen der Sinneszellen im Innenohr. Aber in ihrem Inneren sind sich die unterschiedlichen Zellarten doch sehr ähnlich. Blickt man mit 250.000-facher Vergrößerung ins Innere einer Zelle und färben erfahrene Zellbiologen die verschiedenen Bestandteile der Zelle per Computer unterschiedlich ein, dann sieht man eine erstaunlich dichte Packung von Membranen und sehr wenig Platz für freies Zytoplasma. Dicht gepackt füllen auch die Chromosomen den Zellkern mit seiner vom endoplasmatischen Retikulum (ER) gebildeten Kernhülle. Um dieses unübersichtliche Gewirr besser zu verstehen, vergleicht Nielsson die Zelle mit einer Stadt.

DNA 1BNA
Beide Bilder zeigen die DNA-Doppelhelix aus etwas unterschiedlichen Blickwinkeln, damit man die Struktur besser verstehen kann. Gestrichelt sind die Wasserstoffbrückenbindungen angedeutet. Zur besseren Orientierung habe ich alle sichtbaren Phosphor-Atome orange markiert. Erstellt habe ich die Bilder mit dem Java-Programm Jmol und den Koordinaten der Sequenz 1BNA der frei zugänglichen Protein Data Bank sowie dem Jmol-applet des Open Source Java Viewer for chemical structures in 3D. Diese Ergebnisse meiner Nutzung frei verfügbarer Daten und Programme dürfen selbstverständlich ebenfalls von jedem völlig frei genutzt werden.
DNA 1BNA

Den Zellkern vergleicht Lennart Nilsson sehr passend mit einer Bibliothek, denn in ihm liegen Zigtausende Baupläne für Proteine und RNAs, die als Bausteine und Werkzeuge unserer Zellen dienen. Diese Baupläne nennt man Gene und sie stecken in der DNA, die zusammen mit Proteinen die Chromosomen bilden. Wir sahen dieses unglaublich lange Riesenmolekül DNA, das wie eine spiralig verdrehte Strickleiter aussieht. Diese Strickleiter wiederum ist um einen Komplex aus 8 Histon-Proteinen herum gewickelt. Insgesamt nennt man diese Verpackungseinheit Nukleosom.

Nukleosom 1AOI
Das Nucleosom 1AOI aus der Protein Data Bank
Das von mir mit Hilfe der Daten der internationalen Protein Data Bank und dem Java-Programm Jmol erzeugte Bild zeigt ein Nukleosom von der Seite, damit man sieht, wie die lila gefärbte DNA fast zweimal um die 8 Histon-Proteine herum gewickelt ist.

Wie ein besonders wertvolles Buch von einer Bibliothek nicht ausgeliehen und nur vorsichtig kopiert wird, so verlässt auch die DNA den Zellkern nicht. Stattdessen werden in ihm zahlreiche Kopien von den gerade aktiven Genen angefertigt. Welche Gene aktiv sind, dass bestimmt nicht der Zellkern, sondern die Zelle und ihre Geschichte. Deshalb ist der Vergleich des Zellkerns mit einer Bibliothek viel passender als der Vergleich mit einem Rathaus oder einer Konzernzentrale, die alles zentralistisch bestimmen. Selbst Zwillinge können unterschiedlich aussehen und unterschiedliche Charaktere haben, wenn sie in ihrem Leben unterschiedliche einschneidende Erlebnisse hatten, die zu unterschiedlichen Aktivierungsmustern ihrer Gene geführt haben.

Die Kopien der aktiven Gene bestehen aus RNA und man nennt sie nach einer uns jetzt noch nicht interessierenden Verarbeitung mRNA, weil sie wie Boten (m = messenger) den Zellkern durch die Kernporen verlassen. Die Animation zeigte, wie ein Protein über die DNA glitt und wie eine RNA entstand. Jede Sprosse in dieser Strickleiter entspricht einem Buchstaben in einem Buch. Würde man diese "Buchstaben" der DNA einer menschlichen Zelle ausdrucken, entstünde eine kleine Bibliothek aus etwa 2000 Büchern mit insgesamt 1 Million Seiten.

Ribosomen-Untereinheiten
große Ribosomen-Untereinheit kleine Ribosomen-Untereinheit
Animation by David S. Goodsell, CC BY 4.0 Animation by David S. Goodsell, CC0 1.0
Diese animierten GIF zeigen links eine große und rechts eine kleine Ribosomen-Untereinheit.

Im Cytoplasma treffen mRNAs auf Untereinheiten der Ribosomen. Um eine mRNA herum setzt sich aus zwei unterschiedlich großen Untereinheiten ein vollständiges Ribosom zusammen und liest die mRNA. Ganz am Anfang steht darin, ob sie einfach im Zytoplasma oder auf der Oberfläche des rauen endoplasmatischen Retikulums abgelesen werden soll. Im zweiten Fall wird das Ribosom mit seiner mRNA zum rauen ER transportiert und beginnt dort, durch die Membran des ER hindurch in dessen Innenraum hinein ein Protein zu synthetisieren. Im ER faltet sich aus einer langen Kette von Aminosäuren ein Protein. Im Innenraum des ER wird das Protein vom rauen zum glatten ER transportiert.

Auf der Oberfläche des glatten ER bilden sich nach außen vergewölbte Beulen. Sie werden immer kugelförmiger und schnüren sich vom ER ab, bis sie schließlich ganz losgelöst als Vesikel davon schwimmen. In den Vesikeln befinden sich Flüssigkeit und Proteine, die vorher im glatten ER waren. Außen an die Vesikel binden sich Motorproteine, die mit kleinen Füßchen über die Filamente des Cytoskeletts laufen und die Vesikel hinter sich her schleppen. Sie bringen die Vesikel vom glatten ER zu den Dictyosomen des Golgi-Apparates.

ein Kinesin-Motorprotein
K. Dreblow und K.J. Böhm, CC BY-SA 4.0
Das Schema zeigt ein Kinesin-Dimer auf einem Mikrotubulus. Unten auf dem Mikrotubulus sieht man die beiden Motor-Domänen (Köpfe) (an den Aminotermini) der beiden größeren (schweren) Aminosäureketten zweier Kinesin-Monomere. Darüber sieht man die umeinander geschlungenen Stiele der beiden Kinesin-Monomere. Oben fehlen die Halterungen für die Bindung an die Fracht.

In blau gefärbt sahen wir den Golgi-Apparat zwischen dem ER und der Zellmembran. Er besteht aus mehreren Dictyosomen und diese bestehen aus Stapeln flacher Membranbläschen. Die Membran eines Vesikels verschmilzt mit der Membran eines Bläschens eines Dictyosoms. So erhält das Dictyosom ständig frischen Membran-Nachschub und in seinem Inneren landen die Proteine aus den Vesikeln. Die Dictyosomen modifizieren die Proteine, sortieren sie und verpacken sie in Vesikel, von denen sie zur Zellmembran oder zu speziellen Organellen innerhalb der Zelle gebracht werden. Am jeweiligen Zielort angekommen verschmilzt wieder die Membran des Vesikels mit der Zellmembran oder der Membran des Organells. So verlassen die Proteine die Zelle oder können als Bausteine oder Enzyme in speziellen Organellen wirken.

Eingebettet im dichten Netzwerk des ER sahen wir auch Mitochondrien, die als Kraftwerke der Zelle sehr viel effektiver als der Rest der Zelle die chemische Energie der Glucose nutzen, um ATP als universellen Energieträger für die Zelle zu produzieren. Als Beispiel für den Verbrauch dieser Energiepakete sahen wir die Transportproteine, die bei jedem ihrer Schritte ein ATP-Molekül verbrauchen. Fast alle Biologen sind davon überzeugt, dass die Mitochondrien im Grunde sehr spezialisierte Bakterien sind, die als Endosymbionten in unseren Zellen leben und sich in ihnen durch Zellteilung vermehren. Weiter gegeben an die nächste Generation werden sie durch die Eizelle, also immer nur von der Mutter und nicht vom Vater.

ein Proteasom
Das Proteasom 1AOI aus der Protein Data Bank
anonym, CC BY-SA 4.0
Diese beiden Ansichten eines Proteasoms wurden erzeugt mit Hilfe der Koordinaten der Datei 5MPB aus der Protein Data Bank. Die unterschiedlichen Farben markieren die verschiedenen Proteine, aus denen ein Proteasom besteht.

Ist ein Transport-Protein oder irgend ein anderes Eiweiß der Zelle defekt, dann wird es zum Recycling-Hof der Zelle transportiert. Während allerdings eine Stadt nur einen oder wenige Recycling-Höfe besitzt, gibt es im Cytoplasma und im Zellkern sehr viele davon. Man nennt sie Proteasome und sie sind Protein-Komplexe, die wie die Ribosomen von den meisten Biologen nicht zu den Organellen gezählt werden. Ein Proteasom sieht aus wie ein Tunnel. An einem Ende wird ein defektes Protein zu einer langen Kette von Aminosäuren entfaltet und in den Tunnel geschoben. In seinem Inneren wird die Kette in einzelne Aminosäuren zerlegt. Sie verlassen am anderen Ende den Tunnel und stehen der Zelle zum Aufbau neuer Proteine wieder zur Verfügung. Im Gegensatz zum menschlichen Recycling entsteht dabei kein Restmüll, der entsorgt werden müsste.

ein Proteasom mit Blick in seine Öffnung
Das Proteasom 1FNT aus der Protein Data Bank
Thomas Splettstoesser, CC BY-SA 3.0
Diese Ansicht eines Proteasoms wurde erzeugt mit Hilfe der Koordinaten der Datei 1FNT aus der Protein Data Bank. Diese Darstellung zeigt nicht jedes Atom und nicht einmal jede Aminosäure der Proteine, sondern zugunsten größerer Übersicht nur die Sekundärstrukturen eines Proteasoms.

Ein weiterer gravierender Unterschied zwischen einer Stadt und einer Zelle sind die Staus, die wir nur auf unseren Straßen finden. Die Zelle passt einfach ihre Transportwege dem Bedarf an, indem sie ständig Filamente im Netzwerk des Zytoskeletts auf- und abbaut. Anders als eine Zelle und eine mittelalterliche Stadt haben unsere modernen Städte heute auch keine Stadtmauern mehr. Zellen brauchen eine Stadtmauer und wir nennen sie Zellmembran. An winzigen Stadttoren entscheidet die Zellmembran, was in die Zelle hinein oder aus ihr heraus darf und was nicht.

meine kritischen Zusammenfassungen von Fernsehdokumentationen

meine Biologieseite

Kommentare und Kritik von Fachleuten, Lernenden und deren Eltern sind jederzeit willkommen.

Roland Heynkes, CC BY-SA-3.0 DE