Virchows Archiv A (1982), 398: 229-235

Ingrid Schütt-Abraham, 30.06.2003

Gliederung


Bibliographische Angaben

Böhm, N.; Keller, K.M.; Kloke, W.D. (1982): Pulmonary and Systemic Cerebellar Tissue Embolism due to Birth Injury. Virchows Archiv A, 398: 229-235

Meine Zusammenfassung des Artikels

Ein aus Beckenendlage ohne den Gebrauch von Zangen oder Vakuum allein mit Hilfe der klassischen Handgriffe nach Müller und nach Veit-Smellie entwickeltes neugeborenes Mädchen starb 8 Stunden nach der Geburt an plötzlichem Herzversagen. Der Geburtsverlauf wurde zudem dadurch kompliziert, dass beide Arme neben dem Kopf lagen und so den Durchtritt durchs Becken zusätzlich einengten. Infolgedessen dürfte der Auszug mit einem höheren Kraftaufwand verbunden gewesen sein. Dementsprechend zeigten sich bei der Sektion massive subdurale und subarachnoidale Blutungen, die sich über die gesamte Oberfläche des Gehirns erstreckten und besonders über der linken Kleinhirnhemisphäre hervortraten. Äußerlich war der Kopf jedoch unverletzt, insbesondere wurden keine Frakturen der Schädelknochen festgestellt. Im linken Sinus transversus wurde in Nähe der Vereinigung der venösen Blutleiter ein ca. 1 cm langer Riss gefunden. Die linke Kleinhirnhemisphäre zeigte einen deutlichen Gewebsverlust. Viele der kleinen und mittleren Lungenarterien waren durch Gehirngewebsemboli verstopft, die mikroskopisch den Aufbau des kindlichen Kleinhirns erkennen ließen. Einige dieser Emboli waren in Thromben eingebettet. Gehirngewebsemboli wurden auch im interventrikulären Zweig der linken Herzkranzarterie und den kleineren Herzgefäßen sowie in den in der Leptomeninx verlaufenden Arterien gefunden, jedoch nicht in anderen Arterien des Körperkreislaufs, obwohl das Neugeborene noch 8 Stunden gelebt hatte (untersucht wurden die Arterien von Niere, Milz, Leber, des Urogenital- und des Gastrointestinaltrakts). Das Foramen ovale war noch offen, der Ductus arteriosus bereits verschlossen.

Die Autoren führen den Eintrag von Gehirnmaterial in den Blutstrom auf den Riss im Sinus transversus und die bei der Geburtshilfe angewendeten und mit starken Druckschwankungen verbundenen Verfahren zurück. Solche zeitweisen Erhöhungen des Gehirninnendrucks werden auch für den Eintritt von Gehirnfragmenten in das arterielle Gefäßsystem der Hirnhäute verantwortlich gemacht. Demgegenüber erreichten die Gehirngewebsemboli die Herzkranzgefäße sehr wahrscheinlich über das offene Foramen ovale.

Der Befund belegt, dass eine Verschleppung von Gehirnmaterial in den Blutkreislauf auch beim Fehlen von Schädelfrakturen nicht ausgeschlossen werden kann.

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