Telekolleg Biologie 7 Das Immunsystem (pdf)

Roland Heynkes, 2.5.2008

Gliederung

zum Text eine Fernseh-Dokumentation als Selbstlernmaterial
zum Text Lymphsystem und Organe des Immunsystems
zum Text Blutstammzellen und Differenzierung
zum Text Zellen des Immunsystems
zum Text angeborenes und spezifisches Immunsystem
zum Text B-Zellen und Antikörper
zum Text Autoimmunkrankheiten
zum Text Mastzellen sollen bei der Abwehr von Parasiten helfen.
zum Text Allergien
zum Text HIV und AIDS

eine Fernseh-Dokumentation als Selbstlernmaterial nach oben

Das Telekolleg der Bundesländer Bayern, Brandenburg und Rheinland-Pfalz zeigt zum Fach Biologie im Fernsehen eine Sendung über das Immunsystem. Dabei handelt es sich um eine erst 2006 produzierte Vorlesung für Lernende, die berufsbegleitend die Mittlere Reife oder Fachhochschulreife anstreben. Auch wenn ich nicht jeder ihrer Aussagen zustimmen kann und einiges für erklärungsbedürftig halte, präsentiert die Schauspielerin Julia Fischer diese Vorlesung verständlich und humorvoll und veranschaulicht den Stoff durch zahlreiche Animationen. Umfang und Geschwindigkeit der Stoffvermittlung dürften den meisten Schülern erst nach einer ausführlichen Behandlung des Themas im Unterricht zumutbar sein, aber zur Wiederholung eignet sich die Präsentation sehr gut. An einigen Stellen ergänze ich meine Zusammenfassung des Films zum besseren Verständnis um zusätzliche Erläuterungen.

Der bayerische Rundfunk stellt zu seinem Telekolleg Biologie 7 Das Immunsystem eine Internetseite mit Videos und weiteren Informationen zur Verfügung.

Zwar nicht mit berauschender Qualität, aber immerhin das komplette Video kann man bei Youtube sehen.

Lymphsystem und Organe des Immunsystems nach oben

Mit einer fluoreszierenden Flüssigkeit wurde schon in den 50er Jahren gezeigt, dass sich der Nasenschleim eines erkälteten Gastes im Verlauf einer Party fast überall im ganzen Raum und auf allen Anwesenden verteilt. Trotzdem sind wir nicht ständig krank, weil uns unsere Haut und unser Immunsystem schützen. Letzteres wird gebraucht, wenn durch natürliche Körperöffnungen oder nach Verletzungen Krankheitserreger in unsere Körper gelangen. An unserem Immunsystem beteiligen sich die Organe Knochenmark, Milz, Thymus und die Lymphknoten. Außerdem besteht es aus verschiedenen Arten sogenannter weißer Blutkörperchen, die in Wirklichkeit farblos sind. Das Lymphsystem entwässert die Gewebe, durchfließt die Lymphknoten und transportiert das Gewebewasser in die linke Schlüsselbeinvene des Blutkreislaufs. Die Lymphknoten enthalten besonders viele weiße Blutkörperchen und sind deshalb Zentren der Krankheitsabwehr. Die bekanntesten Lymphknoten an einer wichtigen Körperöffnung sind die Mandeln. Sie schwellen an, wenn unser Immunsystem gegen Atemwegs-Infektionen kämpft.

Blutstammzellen und Differenzierung nach oben

Während rote Blutkörperchen (Erythrozyten) Sauerstoff zu den Zellen sowie Kohlenstoffdioxid zur Lunge transportieren und Blutplättchen (Thrombozyten) bei Verletzungen das Blut gerinnen lassen, bilden weiße Blutkörperchen (Leukozyten) das Immunsystem. Alle Blutzellen stammen von den selben Blutstammzellen ab, die man hauptsächlich im Knochenmark findet. In ihm reifen die meisten Blutzellen heran und es scheint bevorzugte Orte (Nischen) zu enthalten, an denen Stammzellen Stammzellen bleiben können. Bei jeder Zellteilung kann nur eine der beiden Tochterzellen Blutstammzelle bleiben. Die andere muss sich ein wenig stärker spezialisieren und wird zu einer untergeordneten oder noch stärker determinierten Stammzelle, aus der nicht mehr alle Arten von Blutkörperchen werden können. Lymphatische Stammzellen produzieren nur noch Lymphozyten, während die Tochterzellen myeloischer Stammzellen noch zu allen anderen Blutzellen differenzieren können. Irgendwann ist die Differenzierung soweit fortgeschritten, dass eine der beiden Tochterzellen einer determinierten Stammzelle keine Stammzelle mehr werden kann, sondern nur noch eine Vorläuferzelle. Vorläuferzellen haben nur noch eine bestimmte Höchstzahl weiterer Zellteilungen vor sich und bei jeder Zellteilung entstehen zwei Tochterzellen, die sich weiter differenzieren müssen. Am Ende stehen voll differenzierte und damit auch voll funktionsfähige Blutzellen, die mit Ausnahme sogenannter Gedächtniszellen eine relativ kurze Lebensdauer haben.

Zellen des Immunsystems nach oben

Die kleinen runden Lymphozyten haben große, runde Zellkerne. Aus Leukozyten mit gelappten Zellkernen entwickeln sich Histamin produzierende rundliche Mastzellen, sternförmige dendritische Zellen oder Makrophagen, die ihre Form verändern können. Bei Lymphozyten unterscheidet man zwischen B- und T-Lymphozyten, wobei T-Lymphozyten entweder T-Helferzellen oder T-Killerzellen sein können. T-Helferzellen suchen und binden mit speziellen Rezeptoren Antigene auf den MHC-2-Präsentiertellern von Makrophagen, dendritischen Zellen oder B-Zellen. T-Killerzellen hingegen können mit fremden Antigenen nur dann etwas anfangen, wenn sie auf den MHC-1-Präsentiertellern normaler Körperzellen präsentiert werden. Jede T-Zelle konstruiert sich nach dem Zufallsprinzip ganz individuell aus Gen-Bausteinen ein einmaliges Gen für einen T-Zell-Rezeptor, mit dem sie jeweils ein Antigen binden kann. Erkennt der Rezeptor zufällig ein Antigen des eigenen Körpers, dann wird die T-Zelle normalerweise im Thymus eliminiert. Geschieht das versehentlich nicht, dann bleiben solche potentiell gefährlichen T-Zellen inaktiv oder tolerant, solange ihnen nicht von dendritischen Zellen genau passende Antigene präsentiert werden. T-Helferzellen können Botenstoffe auszusenden, während T-Killerzellen ein Zellgift ausstoßen können. Aus allen Lymphozyten können nach einer überstandenen Infektion Gedächtniszellen werden. Sie sind dafür verantwortlich, dass wir einige Krankheiten nur einmal bekommen. Erkennen nämlich diese Gedächtniszellen einen alten Bekannten unter den Krankheitserregern wieder, dann bekämpfen sie ihn ohne Verzögerung sofort massiv und lassen die Krankheit gar nicht erst ausbrechen. Ganz allgemein stärken lässt sich das Immunsystem durch leichten Sport, Saunabesuche und Wechselduschen oder durch pflanzliche Wirkstoffe.

angeborenes und spezifisches Immunsystem nach oben

Die erste Verteidigungsfront bildet das sogenannte angeborene oder unspezifische Immunsystem. Zu ihm gehören Makrophagen und dendritische Zellen, die aus dem Blut in die engen Räume zwischen den Zellen eines Gewebes einwandern und unspezifisch jeden Krankheitserreger umfließen und auffressen. Man kann Makrophagen und dendritische Zellen zu den Fresszellen und zu den Antigen-präsentierenden Zellen zählen, weil beide Krankheitserreger fressen, zerlegen und auf ihren MHC-2-Präsentiertellern zeigen. Dendritische Zellen fressen allerdings nur wenige Krankheitserreger, sondern überlassen die Hauptarbeit als Fresser an der Front den Makrophagen. Bakterien teilen sich unter optimalen Bedingungen alle 20 Minuten. Deshalb könnten aus einem Bakterium in nur 4 Stunden 4096 und in 8 Stunden fast 17 Millionen werden. So kann es passieren, dass sich Krankheitserreger schneller vermehren, als die Fresszellen fressen können. Dann benötigen wir zusätzlich die sogenannte erworbene Immunabwehr, die 3-4 Tage nach Beginn einer Infektion bereit ist. Um diese zweite Verteidigungslinie des erworbenen oder spezifischen Immunsystems zu aktivieren, präsentieren die dendritischen Zellen vor allem fremde Antigene auf MHC-2-Präsentiertellern und wandern dazu aus infizierten Geweben in die Lymphknoten, um dort Lymphozyten mit genau zum jeweiligen Antigen passenden Rezeptoren zu suchen. T-Helferzellen mit passenden Rezeptoren werden durch das präsentierte Antigen im Lymphknoten aktiviert, teilen sich vielmals und wandern angelockt von Botenstoffen der fressenden Makrophagen zum infizierten Gewebe. Dort dringen sie zusammen mit B-Lymphozyten und Lymphflüssigkeit in das betroffene Gewebe ein, welches dadurch anschwillt.

B-Zellen und Antikörper nach oben

Im Verlauf seiner Differenzierung bastelt sich jeder B-Lymphozyt (B-Zelle) nach dem Zufallsprinzip ganz individuell einen einzigartigen Bauplan für einen Antikörper. Nach diesem Bauplan produziert jede B-Zelle anschließend Antikörper und zeigt diese auf ihrer Zelloberfläche. Mit diesen Antikörpern kann jede B-Zelle ein anderes Antigen ganz spezifisch binden. Die Antikörper werden also nicht als Reaktion auf ein Antigen nach Bedarf speziell konstruiert, sondern einfach in möglichst großer Vielfalt. Dabei entstehen auch gegen den eigenen Körper gerichtete Antikörper. Die entsprechenden B-Zellen sind potentiell gefährlich. Allerdings werden B-Zellen normalerweise nicht ohne Aktivierung durch eine passende T-Helferzelle aktiv. Wenn aber zufällig ein Antikörper auf der Oberfläche einer B-Zelle genau zu einem Antigen auf einem vorbei kommenden Krankheitserreger passt, dann werden mit dem Antikörper das Antigen und der daran hängende Krankheitserreger in die B-Zelle hinein gezogen. Im Inneren der B-Zelle wird der Krankheitserreger zerlegt. Auf den MHC-2-Präsentiertellern werden aber nicht einfach sämtliche Bruchstücke präsentiert, sondern nur die von den Antikörpern geangelten Antigene. Bindet eine aktivierte T-Helferzelle mit einem genau zum von der B-Zelle präsentierten Antigen passenden T-Zell-Rezeptor an das Antigen auf dem Präsentierteller, dann wird die B-Zelle aktiviert und teilt sich vielmals. Die Tochterzellen reifen zu sogenannten Plasmazellen heran, von denen jede etwa 2000 Antikörper pro Sekunde in die Umgebung abgibt. Diese Antikörper markieren, verklumpen oder töten dann den Krankheitserreger mit dem Antigen. Töten können die Antikörper allerdings nicht allein, sondern mit Hilfe des Komplementsystems, dessen Proteine sich an der Oberfläche von Bakterien anheften und diese geradezu durchlöchern.

Autoimmunkrankheiten nach oben

Ein Beispiel für Autoimmunkrankheiten ist Typ-1-Diabetes. Die Insulin produzierenden ß-Zellen des Pankreas werden von T-Killerzellen getötet, die von T-Helferzellen aktiviert wurden. Es gibt erbliche Neigungen, auf diese Weise Diabetes zu entwickeln, oft geschieht das aber nach einer viralen Infektion der Bauchspeicheldrüse. Warum das so ist, weiß man noch nicht.

Mastzellen sollen bei der Abwehr von Parasiten helfen. nach oben

Die mit Makrophagen und dendritischen Zellen verwandten Mastzellen patrouillieren unter den obersten Zellschichten von Haut und Schleimhäuten, um eindringende Parasiten zu bekämpfen. Auf ihren Oberflächen tragen Mastzellen Antikörper. Sobald fremde Enzyme oder Parasiten von diesen Antikörpern gebunden werden, schütten die Mastzellen ein Gemisch von Giftstoffen aus, unter denen auch Histamin ist. Die Mastzellen vergiften allerdings nicht nur die Parasiten, sondern auch die Zellen des umliegenden Gewebes. Histamin bewirkt eine Kontraktion der benachbarten Muskulatur und verengt die Blutgefäße, deren Wände gleichzeitig weniger dicht werden. Dies erleichtert zusätzlichen weißen Blutkörperchen das Eindringen in das infizierte Gewebe, während noch nicht vergifteten Parasiten der Weg in den Körper versperrt wird.

Allergien nach oben

Eine andere Fehlfunktion des Immunsystems ist die Allergie, unter der in wohlhabenden Staaten viele Menschen leiden. Allergien entstehen, wenn harmlose Fremdstoffe von speziellen Antikörpern gebunden werden, die anschließend an Mastzellen binden und diese gegen das gebundene Antigen sensibilisieren. Kommt das gleiche Antigen später noch eimal mit den Antikörpern auf einer Mastzelle in Kontakt, dann schüttet diese Gifte aus, um den vermeintlichen Krankheitserreger zu bekämpfen. Geschädigt wird dann aber nur eigenes Gewebe. Bei Allergikern kann die Darmschleimhaut allergisch auf bestimmte Nahrungsmittel reagieren oder Milbenkot und Blüten-Pollen an den Nasenschleimhäuten führen zu Hausstaub-Allergien bzw. Heuschnupfen. Besonders gefährlich sind Allergien gegen Medikamente oder Insektenstiche, aber auch harmlosere Allergien können sich zu Astma weiter entwickeln. Nahrungsmittel-Allergien können ausheilen, wenn man "einfach" einige Jahre auf das Allergene Nahrungsmittel meidet. Auf Haustiere können Menschen mit entsprechenden Allergien verzichten. Das Einatmen von Pollen und Hausstaub lässt sich aber nicht völlig vermeiden. Gegen solche Allergien hift nur eine Hyposensibilisierung, die in 9 von 10 Fällen erfolgreich ist. Dabei spritzt man über längere Zeiträume immer höhere Konzentrationen des Allergens, bis sich das Immunsystem daran gewöhnt hat.

HIV und AIDS nach oben

Das spätestens 1959 im Kongo von einem Schimpansen auf einen Menschen übertragene SI-Virus bringt seinen Bauplan in Makrophagen und T-Helferzellen und baut sich in die DNA der Zellen ein. Darin kann es sich über viele Jahre völlig ruhig verstecken. Wird es aus noch unbekannten Gründen wieder aktiv und zwingt die Zelle zur Massenproduktion von neuen HI-Viren, dann präsentieren die Zellen die Virus-Proteine als körperfremde Antigene auf ihren MHC-1-Präsentiertellern und werden dadurch zu Angriffszielen der T-Killerzellen, die ihrerseits durch dendritische Zellen aktiviert wurden. Aktivierte T-Killerzellen teilen sich bis zu 16 mal (Aus einer aktivierten T-Killerzelle können fast 33.000 werden.) und können so sehr viele infizierte Körperzellen gleichzeitig töten. Kurzfristig wird dadurch die Vermehrung der HI-Viren behindert, aber langfristig verliert das Immunsystem mit den T-Helferzellen eine wichtige Steuerung. Wenn ohne Behandlung nach durchschnittlich 10 Jahren die Konzentration der T-Helferzellen im Blut von 1200 auf unter 200 pro µl sinkt, dann erkrankt der Mensch an AIDS und sein Immunsystem ist so schwach, dass er an normalerweise harmlosen Infektionskrankheiten stirbt. Ein typisches Beispiel dafür ist der bei AIDS-Kranken häufige Karposi-Hautkrebs, der von normalerweise relativ harmlosen Herpes-Viren verursacht wird. Übertragen wird HIV durch Blut, Muttermilch und Sexualkontakte. Aufgrund einer sehr hohen Mutationsrate wird das HI-Virus schnell immun gegen Medikamente, die das virale Hüllprotein zum Andocken blockieren. Ein anderes Medikament blockiert den Einbau des HIV-Bauplans in die menschliche DNA, verhindert aber nicht die HIV-Vermehrung. Die heutige Kombinationstherapie war offenbar noch nicht bekannt, als die Sendung produziert wurde.

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Roland Heynkes, CC BY-NC-SA 4.0

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