Veterinary Record 1998 Jan 31; 142(5): 103-6

Roland Heynkes, 6.6.2001

Gliederung

  bibliographische Angaben
  meine Zusammenfassung des Artikels
  Material und Methoden
  Tabelle 1: Verlauf der Pathogenesestudie
  Resultate
  Tabelle 2: Überblick über die Untersuchung der 32-40 Monate nach der Inokulation getöteten Rinder
  Tabelle 3: Ergebnisse der Mausbioassays von infektiösen Geweben
  Literaturliste

bibliographische Angaben

Wells,G.A.H.; Hawkins,S.A.C.; Green,R.B.; Austin,A.R.; Dexter,I.; Spencer,Y.I.; Chaplin,M.J.; Stack,M.J.; Dawson,M. - Preliminary observations on the pathogenesis of experimental bovine spongiform encephalopathy (BSE): an update - Veterinary Record 1998 Jan 31; 142(5): 103-6

meine Zusammenfassung des Artikels

Material und Methoden

Im zentralen veterinärmedizinischen Labor des Vereinigten Königreiches in New Haw bei Addlestone und Weybridge im Südwesten Londons (Surrey) nahmen 30 im Jahr 1991 geborene Kälber im Alter von 4 Monaten mit der Nahrung je 100 g BSE-infektiöses Hirngewebe auf und wurden nach und nach 2-40 Monate nach der oralen Inokulation getötet [AMJJ]. 10 gleich alte Kälber dienten als Negativkontrollen. 1/10 Verdünnungen von 44 verschiedenen Geweben dieser getöteten Tiere wurden dann Mäusen injiziert (20 µl intrazerebral, 100 µl intraperitoneal), um ihre Infektiosität mit diesem relativ unempfindlichen aber schnellen Test zu ermittlen. Für immunhistopathologische Untersuchungen wurden Hirn- und Rückenmarkproben für 2 Wochen in 10% Formalinsalzlösungen und dann nach Zerteilung in kleinere Blöcke in frischer Fixierlösung fixiert. Danach wurden die Gewebeblöcke in Paraffinwachs gegossen, in 5 µm dünne Scheiben geschnitten und mit Hämatoxylin und Eosin gefärbt. Danach wurden die Epitope durch Einlegen der Schnitte in 96% Ameisensäure für 20 Minuten, Auswaschen mit Wasser, sowie Autoklavieren bei 122°C für 30 Minuten demaskiert.

Tabelle 1: Verlauf der Pathogenesestudie

Verlauf der Pathogenesestudie
Monate nach der Inokulation Alter der Tiere Anzahl der getöteten Tiere
Inokulierte Kontrollen
2 6 3 1
6 10 3 1
10 14 3 1
14 18 3 1
14,5* 18,5 1 0
18 22 3 1
22 26 3 1
26 30 1 0
28 32 0 1
32 36 2 0
35 39 0 1
36 40 3 0
38 42 3 1
40 44 2 1
* Das Tier mußte außerplanmäßig getötet werden.

Resultate

BSE-Fibrillen wurden elektronenmikroskopisch erstmals 32 Monate nach der Inokulation im Rückenmark aus dem Bereich der Lendenwirbelsäule gesehen. Ab dem 36. Monat nach der Inokulation wurden die BSE-Fibrillen überall vom unteren Rückenmark bis zur Großhirnrinde gefunden, aber die Konzentrationen waren überall außer im Lendenwirbelsäulenbereich nur gering. Der immunhistochemische Nachweis von Prionproteinablagerungen ergab das gleiche Bild.

Eine Vakuolisierung wurde lichtmikroskopisch erstmals bei einem der beiden 32 Monate nach der Inokulation klinisch unauffällig getöteten Tiere in der Medulla oblongata gesehen. Bei einem der 36 Monate nach der Inokulation mit leichten, noch nicht zweifelsfreien klinischen Symptomen getöteten Tiere fand man erstmals eine leichte spongiforme Enzephalopathie. Bei einem anderen der drei 36 Monate nach der Inokulation getöteten Tiere wurden zwar bereits klinische Symptome, aber noch keine typische spongiforme Enzephalopathie in der Medulla oblongata gefunden.

Die Symptome sollen bei den Übertragungsexperimenten erst frühestens nach 35 Monaten aufgetreten sein.

Mit dem Mausbioassay wurde BSE-Infektiosität bei den 6-18 Monate nach der Inokulation getöteten Tieren nur im distalen Ileum, also in den Peyer-Platten in der äußeren Ileumwand gefunden. Dabei nahmen die Inkubationszeiten der Empfängermäuse ab, was für eine Zunahme der Infektiosität in den Peyer-Platten spricht. Danach mußte der Empfängermäusestamm gewechselt werden und man fand in den 22-28 Monate nach der Inokulation getöteten Tieren in keinem der getesteten Gewebe eine Infektiosität. Allerdings waren die Übertragungsexperimente nur bis zum 22. Monat vollständig abgeschlossen. Vom 32. Monat nach der Inokulation an gelang der Nachweis von Infektiosität überall im Rückenmark und im Nachhirn, aber auch in den Spinalganglien. Vom 36. Monat nach der Inokulation an gelang der Nachweis von Infektiosität auch in den Trigeminusganglien. Vom 38. Monat nach der Inokulation an gelang der Nachweis von Infektiosität auch wieder im distalen Ileum sowie im Großhirn. Mit Ausnahme der Peyer-Platten gelang der Nachweis von Infektiosität in keinem lymphatischen Gewebe. Die Ursache hierfür könnte die relativ geringe Empfindlichkeit des Maustests sein. Die noch unvollständigen Ergebnisse eines vergleichenden Infektiositätstitrationsexperimentes mit Mäusen und Kälbern als Empfänger für intrazerebrale Inokulation mit BSE-infektiösem Rinderhirn deuten auf eine mindestens 1000-fach höhere Sensitivität bei der Übertragung von BSE auf Kälber hin.

Tabelle 2: Überblick über die Untersuchung der 32-40 Monate nach der Inokulation getöteten Rinder

Testergebnisse im Zentralnervensystem bei 32-40 Monate nach der oralen Inokulation getöteten Rindern
Inkubationszeit [Monate] 32 36 38 40
Nummer des Tieres 254 232 299 194 231 261 192 300 277 296
klinische Diagnose gesund gesund (krank) (krank) gesund krank (krank) (krank) krank (krank)
schwammartige Degeneration - +/- + - - + + - + -
Hirnrinde F- F- F+ F+ F- F+ F- F- F+ F-
Hirnrinde (Stirnlappen) I- I- I+ I-
Nachhirn (Medulla oblongata) A- A+ A+ A+ A+ A+ A+ A- A+ A-
Nachhirn (Medulla oblongata) I+ I+ I+ I+
Rückenmark Halswirbel 1-2 F- F- F+ F- F- F+ F+ F- F+ F-
Rückenmark Halswirbel 2-3 I+ I+ I+ I+
Rückenmark Halswirbel 6 A- A+ A+ A? A+ A+ A+ A- A+ A-
Rückenmark Brustwirbel 6 A+ A+ A+ A- A+ A+ A+ A- A+ A-
Rückenmark Brustwirbel 9-10 F- F+ F+ F- F- F+ F+ F- F+ F-
Rückenmark Brustwirbel 10-11 I+ I+ I+ I+
Rückenmark Lendenwirbel 2-3 F+ F+ F+ F- F- F+ F+ F- F+ F-
Rückenmark Lendenwirbel 3-4 I+ I+ I+ I+
Rückenmark Lendenwirbel 5-6 A+ A+ A+ A? A+ A+ A+ A- A+ A-
A+ = immunhistochemisch positiv
A? = immunhistochemisch unklar
A- = immunhistochemisch negativ
F+ = elektronenmikroskopischer Fibrillennachweis
F- = elektronenmikroskopisch negativ
I+ = Mausbioassay positiv
I- = Mausbioassay negativ oder unfertig

Tabelle 3: Ergebnisse der Mausbioassays von infektiösen Geweben

Überblick über die Bioassays mit positiven Ergebnissen zwischen dem 32. und dem 40. Monat nach der oralen Inokulation
Gewebe Anzahl der BSE-positiven pro Anzahl der zum Zeitpunkt der ersten Erkrankung noch lebenden Tiere
32 Monate 36 Monate 38 Monate 40 Monate
Lobus frontalis - - 1/18 -
kaudale Medulla oblongata am Obex 7/16 8/19 11/19 7/20
Rückenmark Z2-3 4/20 6/14 6/18 3/16
Rückenmark T10-11 5/19 11/18 1/13 7/19
Rückenmark L3-4 8/19 10/19 10/20 4/17
Spinalganglien Z3-6 1/10 3/16 - -
Spinalganglien T5-8 1/9 7/14 1/18 -
Trigeminusganglien - 2/18 2/16 -
distales Ileum - - 1/12 2/19
- = noch keine Infektiosität nachgewiesen, aber der Bioassay ist noch nicht abgeschlossen
Z = zervikal, T = im Thoraxbereich, L = lumbal

Die Studie wurde fortgesetzt [AMJF].

Literaturliste

AMJF . Wells,G.A.H.; Hawkins,S.A.C.; Green,R.B.; Spencer,Y.I.; Dexter,I.; Dawson,M. - Limited detection of sternal bone marrow infectivity in the clinical phase of experimental bovine spongiform encephalopathy (BSE) - Veterinary Record 1999 March 13; 144(11): 292-4

AMJJ . Wells,G.A.; Dawson,M.; Hawkins,S.A.; Green,R.B.; Dexter,I.; Francis,M.E.; Simmons,M.M.; Austin,A.R.; Horigan,M.W. - Infectivity in the ileum of cattle challenged orally with bovine spongiform encephalopathy - Veterinary Record 1994 Jul 9; 135(2): 40-1

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