Roland Heynkes, 1.6.2004
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bibliographische Angaben | |
meine Zusammenfassung des Artikels | |
Referenz |
Lezmi,S.; Martin,S.; Simon,S.; Comoy,E.; Bencsik,A.A.; Deslys,J.-P.; Grassi,J.; Jeffrey,M.; Baron,T.G. - Comparative molecular analysis of the abnormal prion protein in field scrapie cases and experimental bovine spongiform encephalopathy in sheep by use of western blotting and immunohistochemical methods - Journal of Virology 2004 Apr; 78(7): 3654-62
Die Autoren meinen, daß aus BSE-Rindern und verschiedenen anderen BSE-infizierten Spezies entnommene Hirnproben bei der Erregerstamm-Typisierung in Mäusen zu bemerkenswert gleichen Signaturen führen. Deshalb hoffen sie, durch Stamm-Typisierung gegebenenfalls auch Schafe identifizieren zu können, die möglicherweise durch Tiermehl mit BSE infiziert wurden. Die Suche nach solchen Schafen finden sie wichtig, weil BSE-infizierte Schafe genau wie BSE-Rinder auch für Menschen infektiös sein könnten. Bei natürllichen Scrapie-Varianten scheinen sie dieses Risiko nicht zu sehen und berufen sich in dieser Hinsicht darauf, daß bisher keine epidemiologische Studie einen Zusammenhang zwischen Scrapie und Creutzfeldt-Jakob-Krankheit zeigen konnte. Leider rechnen sie nicht vor, wie groß denn angesichts der mangelhaften Datenlage insbesondere im Hinblick auf die in den meisten Ländern nicht einmal annähernd bekannte Häufigkeit von Scrapie die LD50 Scrapie-infizierten Schafgewebes für den Menschen sein müsste, um Sie mit epidemiologischen Studien zu entdecken. Sie erwähnen auch nicht, daß es natürlich im Gegensatz zur neuen und zunächst regional stark fokussiert auftretenden BSE bei Scrapie nicht möglich war, eine neue CJK-Variante der mit einer neuen Scrapie-Variante in Verbindung zu bringen. Schließlich kennt man Scrapie schon sehr viel länger als die CJK und daher könnte niemandem etwas auffallen, selbst wenn die meisten Fälle von sporadischer CJK in Wirklichkeit auf Scrapie-Infektionen beruhen würden.
Vor dem Hintergrund sehr unterschiedlicher publizierter Beobachtungen finden die Autoren es nicht unproblematisch, BSE-infizierte von anderen Scrapie-Schafen mittels Western blot zu unterscheiden. Zwar findet man bei BSE-infizierten Schafen genau wie bei der klassischen BSE-Variante einen sehr hohen Anteil diglykosilierten Prionproteins PrPsc, aber nicht alle Scrapie-Varianten unterscheiden sich davon deutlich. Zwar hat man bei BSE-infizierten Schafen genau wie bei der klassischen BSE-Variante eine besonders geringe scheinbare Molekularmasse der nicht glykosilierten PrPsc-Form gefunden, aber das selbe gilt auch für eine Scrapie-Variante (CH1641). Aber auch in nicht mit Proteinase K behandelten Gewebeschnitten wurde mit einer Palette von Antikörpern gegen verschiedene Sequenzabschnitte des Prionproteins festgestellt, daß normale, körpereigene Proteasen bei BSE-infizierten Schafen ein größeres Stück vom Aminoterminus des PrPsc abknabbern, als bei fast allen anderen Scrapie-Schafen.
Für mich nicht nachvollziehbar ist allerdings der daraus gezogene Schluß der Autoren, das PrPsc BSE-infizierter Schafe sei besonders proteasesensitiv. Es hat ja nichts mit einer erhöhten Protease-Sensitivität zu tun, wenn sich aufgrund etwas abweichender Faltung die Schnittstelle ein wenig verschiebt bzw. eine andere potentielle Schnittstelle stärker exponiert wird. Es scheint aber so zu sein, daß die Autoren bei BSE-infizierten Schafen weniger Detergens, chaotrophe Salze und Proteinase K benötigten, um den Aminoterminus abzuspalten. Ob auch der stabilere, aber ebenfalls nicht absolut proteaseresistente Kern des PrPsc bei BSE-infizierten Schafen schneller abgebaut wurde, sagen sie nicht. Jedenfalls modifizierten die Autoren ihren TSE-ELISA so, daß sie als immobilisierte Fänger einen monoklonalen Antikörper verwendeten, der gegen die Oktapeptid-Region am Aminoterminus des Prionproteins gerichtet war. So wollten sie leichter zwischen dem meist größeren Scrapie-PrPsc und dem stärker verkürzten BSE-PrPsc in Schafen unterscheiden können. Sie ermittelten für jeden Scrapie-Fall das Verhältnis der im normalen ELISA mit Antikörpern gegen den besonders proteaseresistenten Kern des PrPsc erzielten Signalstärke zu der Signalstärke, die sie im modifizierten ELISA mit Antikörpern gegen die Oktapeptid-Region erzielten. Bei experimentell mit BSE infizierten Schafen war dieses Verhältnis besonders hoch, weil von den Aminotermini ihrer Prionproteine PrPsc ein größeres Fragment abgeknabbert wurde.
Es scheint mir etwas übertrieben, wenn die Autoren aufgrund der Verwendung eines bestimmten Antikörpers und der Berechnung eines Quotienten gleich von einer neu entwickelten ELISA-Technik sprechen, aber sie untersuchten damit 214 Hirne von 1991 bis 1998 in Frankreich entdeckten Scrapie-Schafen. So fanden sie 18 Scrapie-infizierte Schafe, in denen das PrPsc ungewöhnlich wenig "proteaseresistent" war. Leider erklären die Autoren nicht, ob bei diesen Schafen nur ein etwas größeres Peptid vom PrPsc abgeknabbert wurde, oder ob auch das gesamte PrPsc dieser Schafe wirklich schneller durch die Proteinase K abgebaut wurde und deshalb bei Routine-Schnelltest leichter hätte übersehen werden können. Stattdessen verweisen sie ohne bibliographische Angaben auf eine noch unveröffentlichte Arbeit von Simon et al., die irgendwann eine detailliertere Darstellung liefern soll. Die Beschreibungen unter Material und Methoden und in der Diskussion sprechen aber eher dafür, daß beim vermeintlich weniger proteaseresistenten PrPsc lediglich ein größeres Fragment vom Aminoterminus abgespalten wurde. Frühere Arbeiten haten auch gezeigt, daß Neuronen und phagozytierende Zellen des Immunsystems bei BSE-infizierten Schafen in vivo ein größeres Fragment vom Aminoterminus des Prionproteins abspalten. Die Autoren haben sich also wohl nur mißverständlich ausgedrückt. Aber auch wenn die Autoren in Frankreich wohl keine wirklich proteasesensitive Scrapie-Variante wie die norwegische [APFF] gefunden haben, so machen ihre Ergebnisse doch deutlich, daß nicht jeder Antikörper geeignet ist, jede TSE-Variante zu entdecken.
Bei den beiden nicht experimentell infizierten Schafen mit dem höchsten Quotienten im Verhältnis zwischen normalem und modifiziertem ELISA war die Markierung des Aminoterminus nicht nur meßbar schwächer, sondern die nicht glykosilierte Form des PrPsc lief insgesamt im Western blot so schnell wie sonst nur bei BSE-infizierten Schafen. Auch ein nahe der Schittstelle der Proteinase K bindender Antikörper markierte das PrPsc dieser beiden Schafe nur schwach. Letzeres war allerdings bei BSE-infizierten Schafen noch ausgeprägter der Fall. Diese beiden Fälle ließen sich dennoch genau wie alle anderen französischen Scrapie-Fälle immunhistochemisch klar von experimentell mit BSE infizierten Schafen unterscheiden. Zu erwähnen ist außerdem, daß die Hirne dieser beiden Fälle schon relativ stark autolysiert waren und im Western blot nur noch schwache PrPsc-Banden lieferten. Die Autoren konnten aber per Western blot zeigen, daß diese beiden Fälle hinsichtlich der Anteile mono- bzw. diglykosilierten Prionproteins (PrPsc) zwischen normalen Scrapie-Fällen und experimentell mit BSE infizierten Schafen standen. Andere, ebenfalls bereits teilweise autolysierte Hirnproben zeigten diese Besonderheiten nicht. Seltsamerweise untersuchten die Autoren nur 8 der 18 Scrapie-Fälle mit auffällig hohen Quotienten zwischen normalem und modifiziertem ELISA dann auch per Western blot.
Ich frage mich auch, warum sie die Kontrollschafe nicht oral, sondern mit je 500 mg intraperitoneal oder durch eine Injektion in die Milz mit dem Hirn-Homogenat eines französischen BSE-Rindes inokulierten. Es könnte doch immerhin sein, daß die später untersuchten Eigenschaften des PrPsc auch durch die Route der Infektion beeinflusst werden. Das intraperitoneal inokulierte Schaf starb nach 672 Tagen, während das andere experimentell mit BSE infizierte Schaf erst nach 1444 Tagen krank getötet wurde. Beide Kontrolltiere waren vom für Scrapie-Infektionen besonders empfänglichen Genotyp ARQ/ARQ, wobei A für Alanin an Position 136, R für Arginin an Position 154 und Q für Glutamin an Position 171 steht.
Ein drittes ARQ/ARQ-Schaf wurde mit einer 10.000-fachen Verdünnung des Hirn-Homogenates eines britischen BSE-Rindes intrazerebral inokuliert und wurde krank nach 519 Tagen getötet. Leider vergaßen die Autoren zu erwähnen, wie groß denn die Menge des Inokulates war. Alle drei experimentell mit BSE infizierten Schafe wiesen die typische spongiforme Hirndegeneration auf und man konnte histopathologisch die PrPsc-Akkumulationen in Hirn und Peripherie nachweisen. Allerdings bestätigte sich auch histopathologisch, was schon die Western blots zeigten. Das PrPsc experimentell mit BSE infizierter Schafe ließ sich im Gegensatz zu allen bisher in Frankreich gefundenen Scrapie-Fällen auch in lymphatischen Organen nur mit Antikörpern markieren, die gegen den Kernbereich der PrP-Aminosäuresequenz gerichtet sind. Im Zentralnervensystem fand man granuläre Ablagerungen des Prionproteins im Inneren von Gliazellen und Neuronen. In den lymphatischen Organen wurden Makrophagen und dendritische Zellen markiert.
APFF . Benestad,S.L.; Sarradin,P.; Thu,B.; Schonheit,J.; Tranulis,M.A.; Bratberg,B. - Cases of scrapie with unusual features in Norway and designation of a new type, Nor98 - Veterinary Record 2003 Aug 16; 153(7): 202-8
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