Dokumentationen zur Sexualkunde

Roland Heynkes, 28.5.2017

Was ich im Sexualkunde-Unterricht zu vermitteln versuche, habe ich aufgrund der Aktualität hauptsächlich aus Fernseh-Dokumentationen, deren Wahrheitsgehalt ich mit anderen Quellen überprüft und deren Zusammenfassungen ich entsprechend kommentiere.

Gliederung

zum Text Immer mehr und immer größer - Fortpflanzung bei Tieren und Pflanzen
zum Text Blümchensex
zum Text S01 Was macht eine Frau zur Frau und einen Mann zum Mann - Abenteuer Forschung
zum Text S02 Statistische Unterschiede zwischen Männern und Frauen - Quarks & Co
zum Text S03 Geschlechterrollen in Realität und Vorstellungen - Quarks & Co
zum Text S04 Evolutionsbiologische Hypothesen über menschliche Geschlechterrollen - Planet Wissen
zum Text S05 Warum Männer meistens früher sterben - Quarks & Co
zum Text S06 Geschlechtsunterschiede bei Kleinkindern eher in der Wahrnehmung und Behandlung durch Eltern - Quarks & Co
zum Text S07 grober Ablauf der Pubertät - planet wissen
zum Text S08 Macht der Hormone - Chaotische Pubertät - von Sarah Spitzner
zum Text S09 Hormone starten Pubertät aus Macht der Hormone - Chaotische Pubertät - von Sarah Spitzner
zum Text S10 Pubertät - Leben - Das Geheimnis der menschlichen Zelle
zum Text

Immer mehr und immer größer - Fortpflanzung bei Tieren und Pflanzen nach oben

Das Bayerische Fernsehen produzierte die Schulfunksendung: "Immer mehr und immer größer - Fortpflanzung bei Tieren und Pflanzen".

Alle Lebewesen unseres Planeten entstanden durch irgendeine Form von Fortpflanzung und mussten nach ihrer Entstehung ihre Größe mindestens verdoppeln. Entstehung durch Fortpflanzung ist daher ein Kennzeichen (Eigenschaft) aller Lebewesen und jedes lebene Lebewesen durchläuft zumindest am Anfang seines Lebens eine durch Wachstum gekennzeichnete Phase.

Jedes Lebewesen (egel ob Prokaryot, Eukaryot oder lebenes Virus) besitzt mindestens eine Zelle. Jede (noch lebene) Zelle enthält (mindestens) eine Kopie des gesamten Bauplans (Genoms) des Lebewesens. Bei Eukaryoten befindet sich das Erbgut (der Bauplan) im Zellkern. Träger der Information ist das kettenförmige Riesenmolekül (Polymer) DNA (in den Chromosomen). Wenn ein (vielzelliges) Lebewesen (Tier, Pflanze oder Pilz) wächst, dann vermehren sich seine Zellen durch Zellteilung. Und vor jeder normalen (mitotischen) Zellteilung muss die gesamte DNA verdoppelt werden, damit jede der beiden Tochterzellen eine vollständige Kopie des gesamten Bauplans erhält. Es ist allerdings nicht wahr, dass die Mutter- und die beiden Tochterzellen genetisch identisch sind. Tatsächlich kommt es bei jeder DNA-Verdopplung (DNA-Replikation) zu einigen Kopierfehlern, sodass sich die Zellen eines mehrzelligen Organismus alle ein wenig unterscheiden.

Prokaryoten (Archäen und Bakterien) und einzellige Eukaryoten (tierische, pilzliche und pflanzliche Einzeller) vermehren sich einfach durch Zellteilungen. Man nennt das ungeschlechtliche Fortpflanzung. Manche Tiere und viele Pflanzen können sich auch ungeschlechtlich vermehren. Reißt man beispielsweise eine Wasserpflanze wie die Wasserpest in Stücke, dann kann jedes von ihnen einfach weiter wachsen. Man kann sogar schwierig zu züchtende Pflanzen wie die Orchideen in einzelne Zellen zerlegen und aus einzelnen Zellen vollständige Pflanzen heranwachsen lassen. Pflanzen wie die Grünlilie und das Brutblatt lassen einfach auf ihren Körpern komplette Jungpflanzen mit Spross und Wurzeln heranwachsen. Was wir als Kartoffeln essen, sind verdickte, unterirdische Sprossknollen der Kartoffelpflanze. An Augen genannten Stellen können aus den Kartoffeln neue Kartoffelpflanzen heranwachsen. Bis sie erste eigene Blätter gebildet haben, leben sie von der Stärke, die in den Kartoffeln gespeichert ist.

Neben diesen Formen ungeschlechtlicher Fortpflanzung beherrschen die Blütenpflanzen aber auch die geschlechtliche Fortpflanzung mit Hilfe ihrer Blüten. Nach der Bestäubung des weiblichen Stempels durch männliche Pollenkörner entsteht aus der verwelkten Blüte eine giftige grüne Frucht, die aussieht wie eine Tomate. Diese Frucht enthält Samen, aus denen sich ebenfalls neue Kartoffelpflanzen entwickeln, indem sie durch unzählige Zellteilungen wachsen.

Durch ungeschlechtliche Fortpflanzung lassen sich relativ schnell und einfach große Mengen nahezu identischer Nachkommen produzieren. Aber die geschlechtliche (sexuelle) Fortpflanzung hat den Vorteil, viel schneller eine große genetische Vielfalt zu erzeugen und Spezies damit resistenter gegen neue Krankheiten und andere Umweltveränderungen zu machen.

Während ungeschlechtliche Fortpflanzung auf Zellteilung oder der Abtrennung eines Teils der Zellen von einem Organismus beruht, verschmelzen bei der sexuellen Fortpflanzung zwei Geschlechtszellen zu einem neuen Lebewesen, dessen Bauplan sich aus den Baupläne der beiden Geschlechtszellen zusammensetzt. Damit riesige Baupläne nicht zu unhandlich werden, sind sie bei vielzelligen Organismen in unterschiedlich große Chromosomen unterteilt, die man individuell unterscheiden kann. Bei Menschen sind das die Chromosomen 1-23. Nach der Verschmelzung zweier Geschlechtszellen enthält eine befruchtete Eizelle (Zygote) von jedem Chromosom zwei Exemplare, nämlich eines von der Mutter und eines vom Vater. Die Geschlechtszellen entstehen meistens durch eine besondere Art der Zellteilung (Meiose). Dabei erhält jede Geschlechtszelle von jedem Chromosom (z.B.: Chromosom 1 oder 2) nur entweder das von der Mutter oder das vom Vater geerbte. Bei Menschen haben deshalb normale Körperzellen 46, die Geschlechtszellen aber nur 23 Chromosomen. Weil jede Geschlechtszelle eine andere Kombination mütterlicher und väterlicher Chromosomen erhält, unterscheiden sich Geschwister mit Ausnahme eineiiger Zwillinge oder Vierlinge.

Wenn sich Tiere sexuell fortpflanzen wollen, müssen sie sich oft einer sexuellen Selektion stellen. Ihr Fortpflanzungserfolg ist umso größer, je besser sie Individuen des jeweils anderen Geschlechts gefallen. Oft sind es die männlichen Tiere, die den weiblichen Artgenossen mit Kampfstärke, besonderen Körpermerkmalen (Pfauenfedern, Hirschgeweihe) oder Fähigkeiten oder sogar künstlerischen Darbietungen (Auerhahn, Paradiesvögel) imponieren müssen.

Bei Pflanzen und Tieren kann die Befruchtung genannte Verschmelzung von Eizelle und Samenzelle (Spermium) innerhalb oder (z.B. bei Amphibien und den meisten Fischen) außerhalb des mütterlichen Körpers oder Körperteils erfolgen. Aus der befruchteten Eizelle (Zygote) kann ein Embryo innerhalb (wie bei Säugetieren) oder außerhalb (wie bei Amphibien und Vögeln) des mütterlichen Körpers heranreifen. In durchsichtigen Amphibien-Eiern lässt sich die Embryonalentwicklung (Embryogenese) gut beobachten.

Im Handel verkaufte Hühnereier sind normalerweise unbefruchtet. Aus befruchteten Hühnereiern schlüpft schon nach nur 21 Tagen ein Küken.

Bei Blütenpflanzen müssen männliche Pollenkörner auf den weiblichen Stempel einer Blüte gelangen. Den Transport können Tiere oder der Wind übernehmen. Von der sogenannten Narbe wächst aus jedem Pollenkorn ein Pollenschlauch durch den weiblichen Griffel bis in den Fruchtknoten, wo dann eine männliche Geschlechtszelle mit der Eizelle verschmilzt. Aus der befruchteten Eizelle (Zygote) wächst dann durch unzählige Zellteilungen ein Embryo heran und der Blütenboden bildet darum herum eine Fruchthülle. Den für das Heranwachsen einer neuen Pflanze nötigen Teil nennt man Samen. Er kann (wie beim Löwenzahn) klein sein und vom Wind verbreitet werden. Oder er steckt in einer wohlschmeckenden Frucht, die von Tieren gefressen wird, die dann die Samen in einiger Entfernung ausscheiden.

Während sich Menschen ausschließlich sexuell fortpflanzen, vermehren sich viele Pflanzen (wie die Erdbeers) geschlechtlich und ungeschlechtlich (z.B.: durch Ausläufer).

Blümchensex nach oben

Bei der sexuellen Fortpflanzung muss die Befruchtung der Eizellen nicht unbedingt wie bei Säugetieren im Inneren des weiblichen Körpers stattfinden. Bei vielen Wassertieren (z.B.: Krebsen, Fischen und Amphibien) legen die Weibchen ihre Eier ins Wasser. Danach verteilen Männchen ihre Samenflüssigkeit über die Eier, damit sich je eine Eizelle und eine Samenzelle zu einem neuen Lebewesen vereinigen können. Ähnlich funktioniert auch die sexuelle Fortpflanzung von Pflanzen. Nur müssen ihre Pollenkörner meistens größere Wege zurücklegen, um eine Eizelle befruchten zu können. Viele Pflanzen nutzen deswegen den Wind oder Tiere für den Transport der Pollenkörner.

Für ihre Transportleistungen werden Insekten und Vögel meistens mit Nektar belohnt, den die Pflanzen extra herstellen. Von anderen Pflanzen werden die Tiere stattdessen betrogen. So lockt die Blüte des Aronstabs Fliegen mit einer Art Heizstab und dem Gestank von frischem Kot an. An extrem glatten Blütenwänden rutschen die Fliegen ab und fallen in eine Höhle, in der sie bis zum nächsten Morgen gefangen bleiben. Immerhin gibt es unten auf den Narben der weiblichen Stempel am Blütenboden Nektartröpfchen. Während die Fliegen davon naschen, streifen sie auf den Narben Pollenkörner ab, falls sie welchen mitgebracht haben. Später in der Nacht öffnen sich weiter oben in der Blüte Staubbeutel und bepudern die Fliegen mit Blütenstaub. Dann wird die Innenwand der Blüte rauh und dadurch begehbar. Die Blüte öffnet sich und die Fliegen können entkommen. Weil aber die Fliegen nicht sehr lernfähig sind, fliegen sie schon bald den nächsten Aronstab an und liefern den Pollen ab.

Im Mittelmeerraum werden Dolchwespen-Männchen von Ragwurz-Orchideen getäuscht, deren Blüten den Geruch, das Aussehen und den Pelz eines Dolchwespen-Weibchens imitieren. Während sich ein Dolchwespen-Männchen vergeblich mit dem vermeintlichen Weibchen zu paaren versucht, heftet ihm die Blüte ein Pollenpaket auf den Kopf. Aber die Wespe durchschaut den Betrug nicht und bringt das Pollenpaket zum Stempel der nächsten Ragwurz-Blüte.

Im Tierreich sind Rivalenkämpfe üblich und führen dazu, dass die Stärksten, Geschicktesten oder Intelligentesten mehr Nachkommen haben. Beispielsweise kämpfen Hengste, Hummer- und Nymphensittichmännchen um Weibchen. In Pflanzenblüten liefern sich die aus den Pollenkörnern herauswachsenden Pollenschläuche Wettrennen durch die Griffel zu den Eizellen im Fruchtknoten. So sorgen auch die Stempel in Blüten dafür, dass die gesündesten und stärksten Überbringer männlicher Baupläne die besten Chancen auf Fortpflanzung haben. Menschliche Spermien müssen auf dem Weg zur Eizelle allerdings bei einem noch sehr viel verlustreicheren Wettrennen siegen.

Schemata ober-, mittel- und unterständiger, zwittriger Blüten mit weiblichen Fruchtblättern und männlichen Staubblättern
Schema einer oberständigen Blüte Schema einer mittelständigen Blüte Schema einer unterständigen Blüte
Bb = Blütenboden, E = Eizelle (weibliche Geschlechtszelle), Fk = Fruchtknoten, Gr = Griffel, Ke = Kelchblatt, Kr = Kronblatt, m = männliche Geschlechtszelle, Na = Narbe, Ne = Nektarium oder Honigdrüse, Pk = Pollenkorn, Ps = Pollenschlauch, Sa = Sprossachse, Sb = Staubbeutel mit meistens 4 Pollensäcken, Sf = Staubfaden,
Narbe + Griffel + Fruchtknoten = Stempel (St) aus einem Fruchtblatt oder mehreren zusammengewachsenen Fruchtblättern,
Staubbeutel + Staubfaden = Staubblatt (S).
Roland Heynkes, CC BY-SA 3.0

S01 Was macht eine Frau zur Frau und einen Mann zum Mann - Abenteuer Forschung nach oben

Sportlicher Wettbewerb ist auch ohne Doping niemals fair, weil Menschen von Natur aus sehr unterschiedlich begabt und trainierbar sind. Aber dumme Menschen halten Konkurrenz für nützlicher als Kooperation und glauben lieber an falsche Vereinfachungen, anstatt die Komplexität der Wirklichkeit anzuerkennen. Anstatt den eigenen Körper zu trainieren und sich über eigene und anderer Menschen Fortschritte zu freuen, wollen sie Sieger und Besiegte sehen und an Chancengleichheit bei Wettbewerben glauben. Deshalb versucht man im Sport die Menschen hinsichtlich ihrer körperlichen Trainierbarkeit in nur zwei Gruppen einzuteilen - Frauen und Männer. Aber das ist aus zwei Gründen Unsinn, auch wenn der Film den ersten leider ignoriert.

  1. Die größere sportliche Leistungsfähigkeit der Männer ist nur eine statistische Größe. Über die sportlichen Leistungsfähigkeiten einzelner Frauen und Männer sagt sie gar nichts aus, denn innerhalb der beiden Geschlechter sind die Unterschiede viel größer als zwischen ihnen. Die stärksten oder schnellsten Frauen sind viel stärker oder schneller als die schwächsten oder langsamsten Männer, selbst wenn diese Männer hart trainieren. Und beim Hochsprung hat bei gleichem Training ein kleiner Mann niemals eine Chance gegen einen großen. Deshalb ist es unmöglich, sportlichen Wettbewerb durch die Trennung der Geschlechter fair zu machen.
  2. Es ist aber auch unmöglich, die Menschheit in nur zwei Geschlechter einzuteilen. Denn die Grenze zwischen den Geschlechtern ist fließend und statt zwei klar getrennten Geschlechtern gibt es in Wirklichkeit ein breites Spektrum geschlechtlicher Ausprägungen. Zwischen extrem weiblichen Frauen und besonders männlichen Männern gibt es alle möglichen Zwischenformen.

Aufgrund ihres Aussehens wurden in den frühen 1960er Jahren im Westen Zweifel geäußert, ob die damals erfolgreichen sowjetischen Athletinnen Tamara und Irina Press wirklich Frauen waren. US-amerikanische und westeuropäische Sportjournalisten forderten einen Schutz echter Frauen vor einer unfairen Konkurrenz vermännlichter Frauen. Damals im Kalten Krieg kamen die vom Westen dominierten Gremien internationaler Sportwettbewerbe dieser Forderung nach. Ab 1966 mussten sich Sportlerinnen vor Ärzten entblößen, um ihre Weiblichkeit nachzuweisen. Von 1968 bis 1998 wurde diese entwürdigende Prozedur durch eine Untersuchung ihrer Chromosomen ersetzt. An Olympischen Spielen durften nur Frauen teilnehmen, deren Zellen zwei X-Chromosomen enthielten. Das erste Opfer dieser Y-Chromosomentests war die polnische Weltklassesprinterin Ewa Klobukowska. An den Leichtathetik-Europameisterschaften in Budapest 1966 durfte sie noch teilnehmen, weil sie auch nackt aussah, wie eine Frau. Aber ab dem Leichtathletik-Europacup in Kiew im September 1967 wurde sie von allen Wettbewerben ausgeschlossen, weil ihre Zellen nur ein X-Chromosom und zusätzlich ein Y-Chromosom enthielten. Heute wissen wir, dass sich Menschen mit einem X- und einem Y-Chromosom trotzdem zu Frauen entwickeln, wenn sie kein Testosteron produzieren oder wenn ihre Zellen nicht auf Testosteron reagieren können. Weil irgendwie nicht normale Menschen in unserer durch und durch politisch korrekten westlichen Zivilisation heute nicht mehr diskriminiert werden dürfen, durfte auch die 800-Meter-Läuferin Caster Semenya ihre bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2009 in Berlin mit schockierender Überlegenheit gewonnene Goldmedaille behalten, obwohl sie nicht wirklich aussieht wie eine normale Frau. Wissenschaftlich korrekt ist die Anerkennung der Tatsache, dass sich nicht alle Menschen eindeutig dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zuordnen lassen. Man nennt das Phänomen Intersexualität. Genetisch bedingte Wettbewerbsvorteile existieren aber auch bei manchen Frauen ohne Y-Chromosom und mit zwei X-Chromosomen.

Die Entwicklung einer geschlechtlichen Identität ist schon rein biologisch eine komplizierte und noch immer nicht vollständig verstandene Sache. Sie funktioniert bei verschiedenen Spezies sehr unterschiedlich. Die meisten menschlichen Spermien enthalten entweder ein Y-Chromosom oder ein X-Chromosom, während die meisten Eizellen "nur" über ein X-Chromosom verfügen. Wird eine normale Eizelle von einem Spermium mit nur einem X-Chromosom befruchtet, dann kann kein männlicher Embryo entstehen. Er kann sich zu einer normalen Frau entwickeln, falls alle dafür erforderlichen Gene intakt sind. Wird eine normale Eizelle von einem Spermium mit nur einem Y-Chromosom befruchtet, dann kann ein männlicher Embryo entstehen und dieser kann sich zu einem normalen Mann entwickeln, falls auch auf anderen Chromosomen liegende und dafür erforderliche Gene alle intakt sind. Ist irgendeine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt, dann entwickelt sich ein Mensch ohne eindeutiges Geschlecht.

In den ersten sechs Wochen der Embryonalentwicklung (Embryogenese) sind äußerlich noch keine Geschlechtsunterschiede zu erkennen. Erst ab der siebten Woche bewirkt die Aktivierung von Genen auf dem Y-Chromosom und auf anderen Chromosomen, dass sich erste geschlechtsspezifische Unterschiede entwickeln. Eine Kaskade von Prozessen kommt in Gang, die unter anderem zur Entwicklung der Hoden führen kann. Entstehen tatsächlich funktionsfähige Hoden, dann können diese das männliche Sexualhormon Testosteron bilden. Vom Blutkreisläuf wird es im ganzen Körper verteilt. Verschiedene Zelltypen des Embryos können darauf mit Hilfe sogenannter Rezeptoren unterschiedlich reagieren. So entsteht ein normaler männlicher Embryo, falls auch alle anderen für diese Reaktionen erforderlichen Gene intakt sind. Vor allem ab der Pubertät kann Testosteron den Muskelaufbau fördern und einen sportlichen Wettbewerbsvorteil bewirken. Fehlen allerdings einem Embryo Testosteron-Rezeptoren, dann kann er sich selbst dann nicht zum Jungen entwickeln, wenn er Hoden besitzt und Testosteron produziert. 2009 waren schon etwa 20 Gen-Mutationen bekannt, die eine normale geschlechtliche Entwicklung stören.

Noch bis in die 1960er Jahre glaubten manche Forscher, allein die Erziehung bestimme das Geschlecht eines Menschen. Nachdem im Alter von knapp 8 Monaten eine mißglückte Beschneidung den Penis des kleinen Bruce Reimer zerstört hatte, ließen sich seine Eltern vom klinischen Psychologen und Sexologen John William Money überreden, den Jungen im Alter von 22 Monaten zu kastrieren, aus seinem Hodensack künstliche Schamlippen formen zu lassen, ihn Brenda zu nennen und ihn als Mädchen aufzuziehen und ihn ab dem 12. Lebensjahr mit weiblichen Hormonen zu behandeln. Der Junge entwickelte sich aber nicht zu einem normalen Mädchen, sondern wurde sehr unglücklich. Als er fünfzehnjährig davon erfuhr, bestand er auf einem Leben als Junge und ließ sich erneut gschlechtsangleichend operieren. Auch weil er mit nur 38 Jahren Selbstmord beging, gilt er heute als Opfer eines mißglückten wissenschaftlichen Experiments und Beleg dafür, dass beim Menschen Hormone schon während der Schwangerschaft das Geschlecht bestimmen.

Die meisten Jungen und Mädchen verhalten sich schon früh teilweise unterschiedlich. Ein Beispiel ist die Wahl des Spielzeugs. Nicht nur bei Menschen, sondern auch bei Meerkatzen genannten Affen entscheiden sich Jungen häufiger für Bagger und Mädchen eher für Puppen. Offenbar unterscheiden sich Männer und Frauen schon von Natur aus und nicht nur aufgrund unterschiedlicher Erziehung. Frauen haben feinere Antennen für Mimik und Gestik und können mit ihren Gesichtern Gefühle differenzierter ausdrücken. Vermutlich fällt Frauen deshalb auch die Verständigung mit ihren Babies leichter als Männern. (Trotzdem können auch Männer den Umgang mit Babies erlernen und es ist für alle Beteiligten besser, wenn sie es versuchen.) Männer und Frauen scheinen sich über Jahrtausende genetisch an unterschiedliche Rollen angepasst zu haben. (Davon sollte man sich aber nicht an einem modernen Rollenverhalten hindern lassen, denn Mütter und Väter können unterschiedliche positive Einflüsse auf ihre Kinder haben.) Auch beim Menschen hat die Evolution vor allem die Entwicklung von Eigenschaften gefördert, die dem Überleben und der erfolgreichen Fortpflanzung dienen. Das erklärt auch einige Geschlechtsunterschiede, obwohl wir natürlich längst keine Sklaven unserer Hormone (mehr) sind.

Hormone lassen Frauen und Männer die Welt teilweise unterschiedlich wahrnehmen und Frauen unterliegen dabei sogar einem monatlichen Rhythmus. Manchen Stress zwischen den Geschlechtern kann man auch darauf zurückführen, dass uns diese Geschlechtsunterschiede oft nicht bewusst sind.

Mit Hilfe von Computern ist es heute möglich, dass Menschen Bilder so manipulieren, dass sie ihrem Geschmack noch besser entsprechen. So lässt sich experimentell erforschen, was Frauen und Männer beim jeweils anderen Geschlecht besonders attraktiv finden. Auf diese Weise glauben Forscher eine Universalkonstante der weiblichen Attraktivität (für heterosexuelle Männer) gefunden zu haben. Die meisten Männer bevorzugen Frauen mit einem Taille zu Hüfte Verhältnis von 0,7. Auch alle Siegerinnen der Miss-USA-Wettbewerbe hatten dieses Merkmal, das Fruchtbarkeit signalisiert. Bei Experimenten fanden Männer Frauen an deren fruchtbaren Tagen attraktiver, obwohl ihnen die Fruchtbarkeit der Frauen nicht bewußt war. Wahrscheinlich machen Flüssigkeitseinlagerungen Frauen an ihren fruchtbaren Tagen symmetrischer und dadurch schöner.

Auch Frauen erkennen bestimmte innere Werte wie die Testosteron-Produktion am Äußeren und am Verhalten von Männern. Bei Schimpansen zeigten Urin-Tests, dass hohe Testosteron-Konzentrationen mit großer Aggressivität und hohem Rang in der Gruppe verknüpft sind. Aggressives Verhalten soll menschliche Männer allerdings weder bei Frauen noch in der Gruppe besonders erfolgreich machen.

Frauen finden rund um den Eisprung männlicher aussehende Männergesichter attraktiver als sonst. Kantigere Gesichter mit ausgeprägtem Kinn zeigen hohe Testosteron-Konzentrationen im Körper an. Die von Frauen an ihren unfruchtbaren Tagen bevorzugten Männer mit weicheren Gesichtszügen scheinen freundlicher und fürsorglicher zu sein. Es scheint so, als unterschieden Frauen unbewußt zwischen guten biologischen und sozialen Vätern. Anscheinend heiraten sie den zuverlässigen Freund und gehen gelegentlich fremd mit einem ungehobelten Kerl.

Wenn es um Sex geht, sind Menschenfrauen offensichtlich erheblich wählerischer als Männer. Männer stellen ihre Vorzüge zur Schau, aber von Natur aus entscheidet deshalb letztlich meistens die Frau, welcher potentielle Partner der beste Vater für ihre Kinder sein könnte. Und das ist auch gut so, denn unbewusst sieht und riecht sie biologische Eigenschaften des Mannes, die wichtig für die Gesundheit ihrer Kinder sind. (Deshalb ist es nicht gut für die genetische Gesundheit eines Volkes, wenn seine Frauen zwangsverheiratet werden.) Neben der natürlichen Selektion der überlebensfähigsten (survival of the fittest) durch die Umwelt, erkannte schon Charles Darwin die sexuelle Selektion als wichtige Triebfeder der Evolution bei Mensch und Tier. Ein eindrucksvolle Beispiel dafür sind die australischen Laubenvögel. Glücklicherweise übertreiben wir Menschen den für Sex zu erbringenden Aufwand aber nicht so wie manche Spinnen-Männchen, die sich ihren Weibchen als Futter anbieten. Viele niedere und manche höhere Tierarten wie Geckos und Warane könnten sich den Aufwand für die sexuelle Fortpflanzung auch ganz sparen, weil ihre Weibchen eigene Töchter auch ohne Väter bekommen können. Allerdings sind die Töchter dann nahezu exkte Kopien (Klone) ihrer Mütter und deshalb ebenso anfällig wie diese für Krankheiten und Parasiten. So kann ein einzelner Krankheitserreger die ganze Sippe ausrotten. sexuelle Fortpflanzung erzeugt größere genetische Vielfalt und macht Populationen anpassungsfähiger. Weil sie den genetischen Austausch behindern, reduzieren Inzucht und Rassismus die biologische Vielfalt einer Population und fördern das Auftreten von Erb- und Infektionskrankheiten.

So erklärt sich wohl auch, dass junge Frauen den Geruch von verwitzten T-Shirts mit ihnen verwandter Männer meistens unangenehm finden. Angenehm finden sie den Körpergeruch fremder Männer, deren Immunfaktoren (MHC-Präsentierteller, bei Menschen HLA für Human Leucocyte Antigen genannt) die der Frauen am besten ergänzen.

S02 Statistische Unterschiede zwischen Männern und Frauen - Quarks & Co nach oben

Humorvoll nennt ein nur gut zweiminütiger Ausschnitt aus einer Sendung der Reihe Quarks & Co statistische Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Demnach sollen Männer im Durchschnitt doppelt so große Schmerzen ertragen, besonders mutig und überzeugend sein und gerne Frauen für sich arbeiten lassen. 80% der Top-Manager sind Männer. Obwohl Frauen im Durchschnitt etwas klüger sein sollen, waren anscheinend die größten Erfinder und Künstler der Menschheit Männer. (Inzwischen ist allerdings von einigen großen Künstlerinnen bekannt, dass sie freiwillig oder unfreiwillig zugunsten ihrer Männer auf die eigene Karriere verzichteten oder dass ihre Werke lange für Werke ihrer Männer gehalten wurden.) Statistisch betrachtet, also im Durchschnitt sind Männer den Frauen in fast jeder sportlichen Disziplin überlegen.(Nicht beim Dressurreiten und am Stufenbarren) Aber kurz bevor angesichts all dieser männlichen Vorzüge die Jungs übermütig und die Mädchen frustriert werden, zählt das Video ausreichend männliche Schwächen auf. Jungen brauchen länger Windeln, werden später schulreif und bleiben doppelt so häufig sitzen. Die meisten Legastheniker und zwei Drittel der Arbeitslosen sind männlich. Männer verursachen dreieinhalb mal mehr Verkehrsunfälle als Frauen. Männer sind risikobereit und abenteuerlustig und sollen 80% der Suchtkranken stellen. (Ob das aber auch Medikamentenabhängige mitgezählt wurden?) Dreimal so häufig sollen Männer aufgrund von Alkoholismus sterben. Auch 70% der Tabaktoten sollen männlich sein. Weil Männer süße Torten lieben, sollen 60% der Männer übergewichtig sein (wahrscheinlich hauptsächlich ältere Männer). Trotzdem gehen Männer seltener zum Arzt. Die Sexualhormone machen Männer kampfeslustig. Das mag eine der Ursachen dafür sein, dass achtmal mehr Männer als Kriminelle verurteilt werden und 95% der Gefängnisinsassen männlich sind. (Denkbar ist aber auch, dass die Ermittler Frauen einfach keine Verbrechen zutrauen und deshalb nicht gegen sie ermitteln.) Im Durchschnitt sterben Männer 5 Jahre früher als Frauen, auch weil 75% der erfolgreichen Selbstmörder Männer sind. Mit nur wenigen Ausnahmen regieren Männer die Welt (auch weil die meisten Frauen keine Lust haben, zugunsten einer Karriere auf Familie, Hobbies und Freizeit zu verzichten). In den NRW-Grundschulen, in denen hauptsächlich Frauen unterrichten, können deshalb Hunderte Schulleiterstellen nicht besetzt werden.

S03 Geschlechterrollen in Realität und Vorstellungen - Quarks & Co nach oben

In Deutschland war in den 1950er und 1960er Jahren die Welt für die allermeisten Männer und Frauen noch in Ordnung. Offiziell hat er das Sagen. Die meisten Arbeitnehmer sind männlich und wenn Ehefrauen arbeiten, dürfen Männer die Arbeitsverträge ihrer Frauen jederzeit kündigen. Männer wollten und mussten mit ihrer Arbeit ihre Familien ernähren, während sich die allermeisten Frauen zuhause um das Wohl ihrer Männer und Familien kümmern mussten und wollten. Fast alle waren einverstanden und Männer und Frauen waren sich einig im Hinblick auf die Rolle des Mannes. Männer sollten dominant, stark und leistungsbewußt sein und logisch denken können. Aber in den USA gründete sich 1969 die erste Männergruppe. Ab Mitte der 70er und in den 80er Jahren forderten plötzlich immer mehr Frauen gleiche Rechte wie die Männer. Viele Männer reagierten verunsichert, aber auch anpassungswillig. Viele begaben sich auf die Suche nach ihrer neuen Rolle. Fragte man allerdings Frauen und Männer nach dem Rollenbild des Mannes, dann bekam man die selben Antworten. Männer sollten dominant, stark und leistungsbewußt sein und logisch denken können. Ende der 90er Jahre hat sich aber wirklich etwas verändert. Der neue Mann ist da, wenn auch noch als Minderheit neben den traditionellen. Die neuen Männer wollten auch auf ihre Frauen hören und nicht immer die Helden spielen. Sie wollen weder Rambo, noch Macho, aber auch keine Softies sein. Seit einer Umfrage von 2009 sprechen Soziologen von trasitionellen, neuen und sogar vom modernen Mann, der heute bereits 20% der Männer ausmachen soll. Selbst der traditionelle Mann sieht sich heute zwar immer noch als Hauptgeldverdiener, toleriert aber auch berufstätige Mütter. Die Rolle und die Aufgaben des deutschen Mannes haben sich tatsächlich in den letzten Jahren stark verändert. Fragt man allerdings heute Männer und Frauen nach den Eigenschaften eines richtigen Mannes, dann bekommt man immer noch von beiden Geschlechtern die gleiche Antwort. Männer sollten dominant, stark und leistungsbewußt sein und logisch denken können.

S04 Evolutionsbiologische Hypothesen über menschliche Geschlechterrollen - Planet Wissen nach oben

Schon gab es vom Menschen (unter anderem) die beiden Geschlechter Mann und Frau. Sie unterscheiden sich nicht nur körperlich, sondern auch in Psyche und Verhalten. Aufgrund des Nahrungsmangels konnten unsere Vorfahren (wie Wölfe) über Hunderttausende Jahre nur in kleinen Sippen leben, als sie sich noch als Jäger und Sammler ernährten. Bis heute sollen unser Verhalten und unsere Rollenmuster geprägt werden von vererbten Verhaltensmustern aus dieser Zeit, meint beispielsweise der Evolutionspsychologe Prof. Harald Euler. Er erklärt die unterschiedlichen Fortpflanzungsstrategien von Mann und Frau damit, dass sich früher die Männer am erfolgreichsten fortpflanzten, die Kinder mit möglichst vielen Frauen hatten, während Frauen mit stabilen Partnerschaften besser fuhren. Er bringt das statistisch zu beobachtende Verhalten des modernen Menschen auf die kurze Formel: Die Frau will einen Mann und der Mann will Sex. Er vermutet, dass Frauen mit ihrem Schminken sowie ihren viel häufiger wechselnden Gaderoben, Frisuren oder sogar Haarfarben unbewusst ihren Männern die von diesen gewünschte Abwechselung vorgaukeln wollen. (Gesellschaftlich durchgesetzt hat sich weitgehend die weibliche Wunschvorstellung, die allerdings auch besser für die weniger wettbewerbsfähigen Männer und für die genetische Vielfalt der Population ist. Vermutlich lebt der Mensch deshalb moderat monogam.) Bis heute binden sich Frauen stärker an eine Gruppe, wenn sie schwanger ist oder pflegebedürftige Kinder haben.

Während Männer bei Frauen besonders auf die Proportionen achten, scheint Frauen vor allem die Körpergröße ihres Partners wichtig zu sein. Statistisch gesehen verdienen große Männer mehr und haben einen höheren gesellschaftlichen Status, weil sie dominanter und durchsetzungsfähiger sind. Aber natürlich lässt sich mangelnde Körpergröße durch Intelligenz und Humor kompensieren. Selbst geachtete und gut verdienende Frauen wollen Männer, die noch mehr als sie selbst verdienen und ihnen intellektuell mindestens ebenbürtig sind und an deren Schultern sie sich anlehnen können. Aber die folgende Tabelle zeigt, dass Frauen fast nie wahllos mit jedem attraktiven Mann Sex haben wollen. Erst wollen sie ihn näher kennen lernen und beurteilen können. Solange sie nicht heiraten müssen, sind Männer im krassen Gegensatz zu den Frauen fast gar nicht wählerisch, sondern wollen Sex mit jeder gut aussehenden Frau.

Frauen und Männer und der schnelle Sex
Diese Tabelle zeigt, welcher prozentuale Anteil zufällig ausgewählter junger Menschen mit Ja antwortet, wenn ein ihnen unbekannter, aber junger und attraktiver Mensch des anderen Geschlechts ihnen die folgenden Fragen stellt.
Frauen Männer
Wollen wir einen Kaffe trinken? 56% 50%
Wollen wir uns bei mir treffen? 6% 68%
Wollen wir ins Bett gehen? 0% 75%

Dieser Unterschied ist auch deshalb bemerkenswert, weil Frauen ja seit Jahrzehnten beim Sex nahezu kein Schwangerschaftsrisiko mehr haben. Dass sie trotzdem bis heute so urmenschlich reagieren, spricht für eine genetisch bedingte (vererbte) Eigenschaft, die Frauen und Männder wirklich fundamental unterscheidet.

S05 Warum Männer meistens früher sterben - Quarks & Co nach oben

Heute sterben nur noch sehr wenige Männer aufgrund lebensgefährlicher Berufe wie Hochseefischer, Arbeiter auf Ölbohrplattformen, Soldaten, Feuerwehrleute, Hochspannungsmonteure oder Fensterputzer an Wolkenkratzern. Trotzdem gehört die Arbeit zu den Gründen, die Männer im Durchschnitt früher als Frauen sterben lassen. Das liegt daran, dass viele Männer einfach zu lange arbeiten. Jeder 10. Mann arbeitet mehr als 60 Stunden pro Woche. Und schon 3-4 Überstunden pro Tag erhöhen das Herzinfarktrisiko um 60%. Mehr als der Hälfte der Männer ist die Arbeit wichtiger als die eigene Gesundheit. Man schleppt sich auch krank ins Büro. Besonders in der Lebensmitte sterben Männer fast dreimal so häufig wie Frauen an einem Herzinfarkt. Stress und Umwelt kosten Männer durchschnittlich 18 Monate ihrer Lebenszeit. Anders als Frauen quälen sich Männer selten mit Diäten. Jeder vierte Mann isst täglich Fleisch, Wurst und Eier. Dafür bezahlen sie aber auch wesentlich häufiger als Frauen mit Fettleibigkeit. Männer rauchen mehr, neigen öfter zu Maßlosigkeit und essen oft zuviel Süßes. Außerdem bewegen sich Männer zu wenig, weil sie lieber fernsehen und dabei zuviel trinken, als selbst Sport zu treiben. Diabetes ist darum vor allem eine Männerkrankheit. Anstatt Psychologen aufzusuchen, verdrängen viele Männer Probleme mit Alkohol. Vermutlich deshalb ist die Selbstmordrate bei Männern dreimal so hoch wie bei Frauen. Junge Männer neigen außerdem zur Selbstüberschätzung und die meisten Opfer von Gewalt sind Männer. Der körperliche Raubbau, die schlechte Ernährung und die Abneigung gegenüber medizinischer Vorsorge kosten Männer durchschnittlich weitere 20 Monate ihrer Lebenszeit. Fast 90% der Männer halten sich für sehr gesund und man betrachtet den eigenen Körper als eine Art Maschine. Erst wenn gar nichts mehr läuft und damit oft zu spät gehr man zum Arzt. Um durchschnittlich weitere 14 Monate verkürzt der falsche Lebensstil das Leben der Männer.

S06 Geschlechtsunterschiede bei Kleinkindern eher in der Wahrnehmung und Behandlung durch Eltern - Quarks & Co nach oben

Bei einem Vergleich 11 Monate alter Babys krabbelten Jungen Schrägen mit Steigungen von im Durchschnitt bis zu 24 Grad hinunter. Mädchen trauten sich auf Schrägen von durchschnittlich bis zu 27 Grad. Vorher hatten die Mütter Mädchen nur 19 Grad, den Jungen hingegen 32 Grad zugetraut. Überhaupt werden Mädchen von Eltern als schwächer und zarter als Jungen beschrieben und mit feineren Gesichtszügen. Dabei besteht nach der Geburt zwischen Jungen und Mädchen lediglich ein kleiner Größenunterschied. Allein das Wissen um das Geschlecht beeinflußt die Wahrnehmung der Eltern, denn gaben Wissenschaftler Mädchen als Jungen und Jungen als Mädchen aus, dann wurden die vermeintlichen Jungen öfter als wütend und traurig beschrieben.

S07 grober Ablauf der Pubertät - planet wissen nach oben

Ungefähr (vielleicht träfe durchschnittlich es besser) im Alter von 8 Jahren soll bei Mädchen und Jungen die Pubertät durch die Produktion von Hormonen im Hypothalamus gestartet werden. Diese sollen durch das Blut zu den Keimdrüsen gelangen. (Ich denke, sie gelangen in Wirklichkeit zur Hypophyse, die ihrerseits Hormone ausschüttet, welche dann tatsächlich in den Keimdrüsen und Nebennieren die Produktion der Sexualhormone im engeren Sinne anregen. Das sind in den Eierstöcken der Mädchen vor allem Östrogene und in den Hoden der Jungen Testosteron. Die Sexualhormone der Nebennieren sollen die Schambehaarung fördern. Sichtbar werden die körperlichen Veränderungen mit Brustwachstum, Längenwachstum, Verbreiterung von Becken und Hüften sowie Wachstum von Schamhaaren und Achselhaaren bei Mädchen ab einem Alter von rund 10 Jahren. Erst ab einem Gewicht von etwas 50 Kilogramm mit rund 13 Jahren soll es zur ersten Regelblutung kommen. Im Alter von ungefähr 11 Jahren sollen die körperlichen Veränderungen bei Jungen mit dem Wachstum der Hoden beginnen. Es folgt ein kräftiger Wachstumsschub. Das Wachstum von Schamhaaren und Penis soll mit 12 Jahren beginnen, Körperbehaarung und Oberlippenflaum erst mit 13 Jahren. Es folgt etwa mit 14 der Stimmbruch. Mit 15 soll es dann zum ersten Samenerguss kommen. Weil die Sexualhormone auch die Talgdrüsen anregen und Bakterien sich davon ernähren, führt das zu Pickeln. Die Pubertät soll mit großer Streuung durchschnittlich nur 3 Jahre dauern.

S08 Macht der Hormone - Chaotische Pubertät - von Sarah Spitzner nach oben

Die Pubertät wird eingeleitet, wenn der Hypothalamus Freisetzungshormone ins Blut abgibt. Diese winzigen Botenstoffe regen die direkt unter dem Hypothalamus hängende Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) zur Produktion und Ausschüttung der Hormone LH (luteinisierendes Hormon) und FSH (Follikel-stimulierendes Hormon) an. Diese beiden Hormone regen ihrerseits die Geschlechtsorgane (Eierstöcke oder Hoden) zur Produktion und Ausschüttung der Sexualhormone (Östrogene bei Mädchen oder Testosteron bei Jungen) an. Sie lassen Brüste oder Hoden sowie Schamhaare wachsen und Eizellen oder Spermien reifen. Nach etwa 2 Jahren sollen Jungen ihren ersten Samenerguss erleben und Mädchen ihre Tage bekommen. Der Hypothalamus soll seine Hormone erst ausschütten, wenn Kinder 40 kg wiegen. Angeblich ist es bei Mädchen mit 11 und bei Jungen mit 12 Jahren soweit. Wahrscheinlich verwechselten die Macher des Films den viel früheren hormonellen Startschuss der Pubertät mit den ersten sichtbaren Auswirkungen. Dafür spricht, dass die Dokumentation aussagt, die Pubertät beginne immer früher und man sehe daher erste körperliche Veränderungen bei Mädchen teilweise schon mit 9 Jahren. Als Ursache wird eine von außen kommende Zufuhr von Stoffen vermutet, die wie Geschlechtshormone wirken. Der Weichmacher Bisphenol A und Dioxine sollen im Gehirn auf Pubertätsgene wirken. Auch bei übergewichtigen Kindern soll die Pubertät früher beginnen. Es gibt sogar Kinder, bei denen die Pubertät bereits vor dem 3. Geburtstag beginnt. In Deutschand soll es ca. 1000 Kinder geben (Leider wird nicht gesagt, auf welche Zeitspanne sich das bezieht.), bei denen die Pubertät bereits im Kindergartenalter beginnt. Die Ursache kann eine Störung im Gehirn sein. Die Vernetzung verschiedener Hirnbereiche und kognitive Leistungen pubertierender Gehirne leiden unter einem massiven Umbau. Milliarden nicht genutzter Synapsen sterben ab, während neue Verknüpfungen gebildet werden. Teenager gehen oft impulsiv unnötige Risiken ein, weil spontane Ideen oft nicht rechtzeitig von einer noch unreifen Kontrollregion gestoppt werden können. Zuerst reifen Zentren der Gefühlssteuerung, erst später Zentren für das Planen und Abschätzen des Handelns. Unter dem ungewohnten Einfluss einer gewaltigen Sexualhormonschwemme und aufgrund eines umfangreichen Hirnumbaus sind Pubertierende oft genervt, taktlos und reagieren gleichzeitig selbst übersensibel. Viele leiden unter starken Stimmungsschwankungen, machen sich häufig Gedanken um ihr Image, suchen ihre Identität und wollen Grenzen erweitern. Auch erste Verliebtheiten können zu Krisen führen. Jeder fünfte Teenager erlebt eine schwere psychische Krise, denn sie müssen sich von ihren Eltern emanzipieren, sich in ihre Gruppe der Gleichaltrigen integrieren und ihre eigene sexuelle Entwicklung akzeptieren. Besonders Mädchen entwickeln nicht selten Störungen der Selbstwahrnehmung, die beispielsweise zur lebensgefährlichen Magersucht führen können. Einerseits wollen Magersüchtige vermeintlichen Erwartungen der Gesellschaft entsprechen, aber andererseits ignorieren sie sie guten Ratschläge von Eltern und Ärzten. Durch die massive Auszehrung des Körpers behindert oder verhindert die Magersucht die Pubertät und damit unter Umständen für spätere Fruchtbarkeit wichtige körperliche Entwicklungen. Viele Jugenliche brauchen professionelle Hilfe, um Ängste zu überwinden und Selbstvertrauen zu entwickeln. Eltern können dabei helfen, indem sie ihren Kindern einerseits klare Grenzen vorgeben, andererseits aber auch bereit sind, darüber zu diskutieren und die Grenzen immer wieder anzupassen.

S09 Hormone starten Pubertät aus Macht der Hormone - Chaotische Pubertät - von Sarah Spitzner nach oben

Dieses Minivideo ist ein Ausschnitt der schon besprochenen Dokumentation S08.

S10 Pubertät - Leben - Das Geheimnis der menschlichen Zelle nach oben

Im Hypothalamus gibt es sogenannte neuroendocrine Neuronen. Das sind Nervenzellen, die oben über Dendriten und Axone miteinander und mit anderen Nervenzellen verbunden sind und gemeinsam Entscheidungen treffen. Unten haben sie jedoch lange Schwänze, in denen sie Hormone produzieren und über längere Zeit in Bläschen (Vesikeln) speichern. Wenn im Hypothalamus die Entscheidung für den Beginn der Pubertät gefallen ist, schütten sogenannte GnRH-Neuronen in großen Mengen das Hormon GnRH (Gonadotropin releasing hormone) ins Blut aus. Falsch ist allerdings die Aussage des Films, die Hormone besäßen eine Energie, die den Körper verändert. Hormone überbringen nur eine Botschaft an alle Zellen des Körpers, welche diese Hormone mit passenden Rezeptoren binden können. Die Dokumentation nennt hier leider keine Namen, aber das Freisetzungshormone (GnRH) des Hypothalamus veranlasst die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse), die Freisetzungshormone LH (luteinisierendes Hormon) und FSH (Follikel stimulierendes Hormon) zu produzieren und ebenfalls in den Blutkreislauf zu bringen. Bis hierher läuf bei Jungen und Mädchen alles gleich ab, aber LH und FSH wirken bei Mädchen auf die Eierstöcke und bei Jungen auf die Hoden und veranlassen diese, ihre jeweiligen Sexualhormone zu produzieren.
Mit Beginn der Pubertät entwickeln daraufhin Körperregionen mit den passenden Rezeptoren innerhalb weniger Jahre sekundäre Geschlechtsmerkmale. Der flache und überall gleich schmale Körper eines Kindes wächst sich aus zu den typischen Körperformen Jugendlicher oder junger Erwachsener. Pubertierende werden zunächst rasch größer, dann muskulöser und am Brustkorb breiter. Bei Mädchen wächst zunächst das Brustdrüsengewebe und später formt zusätzlich Fett die Brüste. Außerdem werden das Becken und die Hüften breiter, unter anderem weil die Osteoblasten in den Beckenknochen stimuliert werden.
Später steuern diese Hormone den monatlischen Zyklus der Frau, lassen jeden Monat in einem oder beiden Eierstöcken jeweils eine Eizelle heranreifen und lösen schließlich den Eisprung aus. Dabei wird vom platzenden Follikel außer der Eizelle auch eine ganze Wolke von Sexualhormonen freigesetzt, die von den Follikelzellen produziert wurden, welche die Eizelle umhüllen. Auch diese Hormone fluten durch den Blutkreislauf den ganzen Körper. Im Gegensatz zur Behauptung des Films haben sie zwar keine Kraft, aber verschiedene Organe des weiblichen Körpers reagieren auf diese Botenstoffe.

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Roland Heynkes, CC BY-NC-SA 4.0

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