Dokumentation: "Kluge Pflanzen" (pdf)

Roland Heynkes, 28.1.2014

Regelmäßig im Fernsehen wiederholt wird die sehr interessante Dokumentation: "Kluge Pflanzen" von Volker Arzt und Immanuel Birmelin, deren wichtigste Inhalte ich hier zu einem Lerntext für die Sekundarstufe 1 zusammengefasst habe. Zufällig fand ich die beiden Folgen "Wie die wilden Tiere" und "Blattgeflüster" bei Youtube.

Ich habe auch zu dieser Film-Zusammenfassung ein Arbeitsblatt mit Fragen gemacht, mit dem selbst überprüfen kann, wieviel man sich vom Film merken oder aus der Zusammenfassung herauslesen konnte.

Auf den ersten Blick scheint es so, als wären Pflanzen ihren tierischen Fressfeinden hilflos ausgeliefert. Aber sie haben bewundernswerte Tricks entwickelt, mit denen sie sich auch gegen Tiere behaupten können.

Wenn ein Keimling aus dem Samen heraus wächst, dann muss er wissen, wo oben und unten ist. Sonst könnte nicht - wie eine Zeitraffer-Aufnahme zeigt - der Stängel nach oben und die Wurzel nach unten wachsen. In einem Experiment wuchsen sogar verkehrt herum aufgehängte Tulpen in Bögen wieder nach oben. Bei einer in Teichen lebenden Algen-Spezies (der sogenannten Armleuchter-Alge) funktioniert der Gravitationssinn ähnlich wie der Schwerkraft-Sinn in unserem Gleichgewichtsorgan. Die Alge besitzt eine mikroskopisch gut beobachtbare, durchsichtige Riesenzelle, die senkrecht nach unten wächst, um sich im Boden zu verankern. In deren Spitze sinken kleine Kristalle (Statolithen) immer nach unten und zeigen damit der Zelle, wo unten ist. In einem kleinen Experiment drehte man eine Alge aus der Senkrechten in eine waagerechte Stellung und fotografierte sie durch ein Mikroskop in regelmäßigen Abständen. So entstand ein Zeitrafferfilm und zeigte, wie in der Wurzel-Zelle der Alge die Statolithen nach unten sanken und anschließend die Wurzel-Zelle im engen Bogen in die selbe Richtung wuchs.

Zeitrafferaufnahmen sind sehr beliebt bei den Botanikern, weil sie das langsame Wachstum von Pflanzen für Menschen sichtbar machen.

Eine besondere Pflanze ist der Teufelszwirn, denn er ist ein Parasit. Er lebt davon, dass er als Keimling eine Tomaten-, Kartoffel-, Getreide-, Soja- oder Tabakpflanze findet, zu dieser hin wächst, sich fest mir ihr verbindet und für den Rest ihres gemeinsamen Lebens den Saft der anderen Pflanze trinkt. In einigen warmen Ländern richtet er damit großen Schaden für die Bauern an. Forscher wollten wissen, wie der Teufelszwirn eine Tomatenpflanze findet. Um das heraus zu finden, machten sie ein Experiment. Sie pflanzten den Samen eines Teufelszwirns zwischen eine echte Tomatenpflanze und ein Gefäß auf einem Stab. Die Tomatenpflanze war gut zu sehen, aber nicht zu riechen, denn sie stand unter einer Glashaube. In dem Gefäß auf der anderen Seite war zwar keine Tomatenpflanze zu sehen, aber es enthielt kräftig riechenden Tomatensaft. Im Zeitrafferfilm kann man sehen, wie der junge Teufelszwirn nicht zur echten Tomatenpflanze wächst, sondern zum Tomatenduft. Das Experiment hat also gezeigt, dass sich der Teufelszwirn wie ein Tier am Geruch orientiert. Diese Pflanze kann riechen.

In Teichen lebt der gelbe Wasserschlauch. Das ist eine frei unter der Wasseroberfläche schwimmende Pflanzenart, die kleine gelbe Blüten aus dem Wasser heraus reckt. Wenn der Boden und das Wasser des Teichs zu wenige Mineralstoffe enthalten, dann wird er zur Raubpflanze. Blitzschnell saugt er Wasserflöhe in seine kleinen Fangbläschen. So schnell, dass man Zeitlupenaufnahmen braucht, um beobachten zu können, was passiert. Aber im Gegensatz zu Raubtieren, nutzen Raubpflanzen nicht die chemische Energie ihrer Opfer, sondern nur deren Mineralstoffe. Das gilt auch für in Urwäldern lebende fleischfressende Pflanzen, die Insekten fangen und verdauen.

Die in den Sumpfwäldern Borneos mit ihren Mineralstoff-armen Böden lebende Kannenpflanze mit dem weißen Rand soll die gefräßigste Pflanze der Welt sein. 6000 Insekten pro Stunde soll sie fangen. Wie viele andere fleischfressende Pflanzen besitzt sie Kelche, in denen ein Verdauungssaft auf die Beute wartet. Ihre Wände sind so glatt, dass die Insekten ausrutschen und hinein stürzen. Der weiße Rand außen an der Pflanze schmeckt Termiten so gut, dass sie massenhaft herbei eilen und im Gedränge zu Tausenden in die Kannen der angeblich gierigsten Pflanze der Welt stürzen.

Auch ihren Fressfeinden sind Pflanzen längst nicht so wehrlos ausgeliefert wie man meinen könnte. Sie können zwar nicht fliehen, aber sie haben raffinierte Methoden der Verteidigung entwickelt.

Akazien schützen sich nicht nur mit großen Dornen, sondern zusätzlich durch eine Symbiose mit ganzen Armeen von Ameisen, denen sie als Gegenleistung Wohnraum, Futter und ein süßes Getränk bieten. Todesmutig greifen die Ameisen sogar die größten Pflanzenfresser an und vertreiben sie mit wütenden Bissen. Zusätzlich können Akazien in ihren Blättern Gift produzieren und damit große Tiere töten.

Wilder Tabak keimt, wenn ein Feuer andere Pflanzen vernichtet hat. Aber zahlreiche Tiere wollen die jungen Triebe fressen. Die Pflanze schützt sich mit dem starken Nervengift Nikotin. Nur die Raupe des Schwärmers Manduka beeindruckt das nicht. Sie ist immun gegen das Gift und frisst munter weiter. Die Tabakpflanze aber erkennt den Speichel der Raupe und hört auf, Nikotin zu produzieren. Stattdessen lockt sie mit einem Duft Weichwanzen herbei, die Raupen anstechen und aussaugen. So bekommt die Weichwanze Futter und die Pflanze wird von den Fressfeinden ihrer Fressfeinde beschützt.

Die Mimose klappt bei Berührungen ihre Blättchen zusammen. Das schafft sie aber nicht mehr, wenn man sie wie einen Menschen mit Äther betäubt. Pflanzen haben zwar keine Nerven und schon gar kein Gehirn, aber man kann sie ähnlich wie Menschen betäuben. Gefühle wie wir haben Pflanzen wohl nicht, aber die verschiedenen Teile einer Pflanze können sich verständigen. Verletzt man ein Blatt mit Feuer, dann wandert ein elektrisches Signal durch die Sprossachse in Richtung Wurzel. Es ähnelt einem Nervensignal, ist aber 1000 mal langsamer. Eine Minute braucht es für 20 Zentimeter, aber Pflanzen müssen ja auch selten so schnell reagieren wie Tiere. Die Pflanze nutzt dafür als eine Art Nerven-Ersatz die dünnen Siebröhren, durch die Pflanzensaft den Zucker aus den Blättern in Richtung Wurzeln transportiert. Signale wandern durch die Pflanzen, kurz bevor sie blühen und Wurzeln melden so einer welkenden Pflanze die Ankunft frischen Wassers.

Verständigung gibt es nicht nur innerhalb einer Pflanze. Verschiedene Pflanzen können unter einander über größere Entfernungen hinweg Nachrichten austauschen, als ob sie sich etwas zurufen könnten. Wilde Lima-Bohnen in Mexiko warnen ihre Bohnen-Nachbarn, wenn sie von Insekten oder deren Larven angefressen werden. Sie verströmen dazu aus den Spaltöffnungen einen Duft. In einem Experiment reagierte eine Nachbarbohnenpflanze auf den Duft, indem sie Nektartröpfchen produzierte und damit Ameisen anlockte. Die Ameisen lieben diese Nahrungs-Quelle und verteidigen sie gegen die Fressfeinde der Bohnen-Pflanze.

Blütenpflanzen haben Blüten für die sexuelle Fortpflanzung, die allerdings bei Pflanzen sehr viel komplizierter ist als bei den Tieren. Blüten sind sehr unterschiedlich geformt und gefärbt, aber letztlich findet man in allen Blüten Fruchtknoten oder Staubblätter oder beides. Die Staubblätter produzieren Blütenstaub, den man auch Pollen nennt. Pollen besteht aus unzähligen Pollenkörnern, die genau genommen winzige Pflanzen aus nur 3 Zellen sind. Insekten, kleine Vögel, Fledermäuse oder einfach der Wind transportieren den Pollen zu anderen Blüten der selben Pflanzen-Art, wo sie durch den Stempel in den Fruchtknoten zu Eizellen wachsen, um diese zu befruchten.

Normalerweise werden Insekten für ihre Transportdienste von den Blüten mit Nektar belohnt. Verschiedene Orchideen tun das nicht und täuschen stattdessen einfach die Tiere. Ihre Blüten ähneln beispielsweise weiblichen Dolchwespen, fühlen sich so an und riechen so. Männliche Dolchwespen werden dadurch angelockt, versuchen sich mit den Blüten zu paaren und transportieren so unfreiwillig und ohne Lohn die Pollen von Blüte zu Blüte.

Die männliche Geschlechtszelle aus einem Pollenkorn befruchtet eine Eizelle im Fruchtknoten. Aus der Zygote genannten, befruchteten Eizelle wächst eine neue Pflanze heran Diese bleibt aber erst noch in einem Samen eingepackt. Bevor der Pflanzen-Embryo aus dem Samen heraus wächst, soll dieser zunächst ein mehr oder weniger großes Stück fort transportiert werden, um für die neue Pflanze einen neuen Platz zu finden und vielleicht sogar den Lebensraum der Pflanzenart etwas zu vergrößern.

Der Löwenzahn lässt seine Samen einfach vom Wind fort tragen. Der Samen der Reiherschnabel-Pflanze bewegt sich mit Hilfe eines aufgedrehten Stiels über den Boden und bohrt sich sogar selbst in die Erde. Die Früchte der Klette verfangen sich mit kleinen Häkchen im Fell größerer Säugetiere und lassen sich von diesen tragen. Die Früchte eines Veilchens werden von Fruchtblättern einfach weggeschossen. Die bombenförmigen Früchte der Spritzgurke stehen mächtig unter Druck und schießen ihre Samen über 10 Meter weit davon, sobald der Stiel einer Frucht abbricht. Bei den reifen Früchten des Springkrauts reicht schon ein Wassertropfen, um sie aufreißen und die Samen meterweit fortschleudern zu lassen.

Wirklich klug sind Pflanzen selbstverständlich nicht, weil sie ja kein Gehirn haben. Sie haben sich ihre raffinierten Tricks nicht ausgedacht. Aber sie besitzen fantastische Fähigkeiten, die man ihnen lange nicht zugetraut hatte.

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Roland Heynkes, CC BY-SA-3.0 DE